Weniger Gasthäuser, mehr Restaurants

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ZAHLEN ZUM TAG. In Niederösterreich versucht die Landespolitik, einen Strukturwandel an der falschen Stelle und durch einen fragwürdigen Ansatz aufzuhalten.

Ein Land, zwei Welten: In den vergangenen 20 Jahren hat es in Niederösterreich ein starkes Bevölkerungswachstum gegeben; es belief sich auf ein Zehntel. Das Problem ist jedoch, dass dieses Wachstum ungleich verteilt ist. Es konzentriert sich vor allem auf die Umgebung von Wien.

Im Waldviertler Bezirk Waidhofen an der Thaya zum Beispiel geht die Bevölkerung stark zurück; in den vergangenen 20 Jahren um neun Prozent. Dort sind die Freiheitlichen – wie hier berichtet – besonders erfolgreich. Was vielleicht auch daran liegt: In einer (schier) untergehenden Welt ist die Sehnsucht nach einer (vermeintlich) guten Vergangenheit groß. Bemerkenswert ist dabei, dass hier kaum nicht-österreichische Staatsangehörige leben.

Die türkis-blaue Landesregierung versucht nun, dieser Sehnsucht gerecht zu werden. Sie setzt dabei allerdings an der falschen Stelle an und agiert fragwürdig.

„Um die Wirtshauskultur auch in Zeiten der Teuerung aufrecht zu erhalten, wird eine Wirtshaus-Prämie erarbeitet. Voraussetzung ist, dass der neue Wirt ein traditionelles und regionales Speisenangebot aufweist“, heißt es im Regierungsprogramm wörtlich. Das ist vollkommen daneben: Erstens, Wirtshäuser sperren zu, weil sie zu wenig Gäste haben; sie haben nicht zuletzt zu wenig Gäste, wo die Region abstirbt. Zweitens, Konsumverhalten und Essgewohnheiten ändern sich. Erst 1975 hat in Österreich die erste Pizzeria aufgemacht. Heute sind Pizzerien vom Boden- bis zum Neusiedlersee nicht mehr wegzudenken. Schlecht? Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Udo Landbauer (FPÖ) finden derlei offenbar übel.

Bemerkenswert: In Summe ist die Zahl der Gastronomiebetriebe in Niederösterreich in den vergangenen 20 Jahren nur leicht von 7424 auf 7350 zurückgegangen. Aber ja, es gibt ein Wirthaussterben: Die Zahl der Gasthäuser ist um fast ein Viertel auf 1291 eingebrochen. Auf der anderen Seite ist jedoch die Zahl der Restaurants um fast die Hälfte auf 856 gestiegen und hat sich die der Lieferküchen auf 286 im vergangenen Jahr verdoppelt. Im Übrigen gab es bei den Heurigen ein leichtes Plus auf 134. Das ist einer WKO-Statistik zu entnehmen.

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