SPÖ-Zukunft: Längerfristig verbaut

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ANALYSE. Die Art und Weise, wie mit der Mitgliederbefragung umgegangen wird, ist auch daher verrückt: Es wird schwer bis unmöglich geworden, in den nächsten Jahren zu einer unbeschädigten Vorsitzenden oder einem solchen Vorsitzenden zu kommen.

Der mächtigste Sozialdemokrat, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, liefert einen weiteren Tiefpunkt in der Führungskrise seiner Partei: Laut „Krone“ stichelte er wegen dessen Stimme gegen den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Damit kein Missverständnis entsteht: Die Stimme ist ein Punkt gegen Doskozil, auch wenn es ein bitterer für diesen ist. Es handelt sich um ein Problem, das thematisiert werden muss. Aber indirekt, bösartig? Das können nur Parteifreunde im Sinne einer Steigerung tun, die auf Freund und Feind folgt („Parteifreund“ eben).

Man würde glauben, dass das alles nicht sein kann: Die ÖVP würde bei einer Nationalratswahl am kommenden Sonntag rund 15 Prozentpunkte verlieren. Karl Nehammer müsste das Kanzleramt in weiterer Folge sehr wahrscheinlich abgeben. Freiheitliche würden übernehmen, die Volkspartei würde als Juniorpartnerin in der Regierung bleiben, in der sie seit 37 Jahren sitzt.

Man würde glauben, dass allein diese Perspektive etwas auslöst. In der SPÖ tut sie aber eher das Gegenteil davon, was rational wäre: Maßgebliche Leute reißen sich nicht zusammen, sondern handeln selbstzerstörerisch.

Stichwort Mitgliederbefragung: Sie ist jetzt so angelegt, dass es keine klare Siegerin, keinen klaren Sieger geben kann. Vielleicht wird Pamela Rendi-Wagner, mit, sagen wir, 25 Prozent am besten abschneiden, vielleicht Doskozil, vielleicht Andreas Babler. Tut es Rendi-Wagner, geht alles weiter wie bisher, tut es Doskozil, gibt es eine Konfliktlinie zwischen Bundes- und Wiener Landesorganisation, tut es Babler, hat Doskozil erst recht ein Problem mit dem Parteikurs und Ludwig eine solches mit seiner Autorität.

Die Sache ist kaum noch zu retten: Es kann nicht einmal mehr zu einer Lösung kommen, mit der alle leben können. Man hat sich festgelegt, dass die Mitgliederbefragung zwar nur ein Stimmungsbild liefern wird, davon abzuweichen ist jedoch unmöglich. Es müssten sämtliche Kandidatinnen und Kandidaten zurücktreten, damit der Weg frei werden würde für einem Kompromiss; zum Beispiel dafür, auf dem Sonderparteitag vor dem Sommer die Chefin der Privatangestelltengewerkschaft, Barbara Teiber, zur Bundeparteivorsitzenden und Spitzenkandidatin für die nächste Wahl zu küren.

Das erscheint unrealistisch: Warum sollen Rendi-Wagner oder Doskozil verzichten, wenn sie oder er auf Platz eins kommt? Rendi-Wagner hat schon bisher bewiesen, dass ihr auch wenig Zuspruch eine Bestätigung ist. Warum soll Babler verzichten, wenn er am Ende vorne liegt? Er und seine Anhänger würden es als Ermunterung betrachten, die SPÖ nach ihrem Geschmack zu erneuern – aber halt immer mit dem Handicap, dass sie einen Doskozil und einen Ludwig schwer dafür gewinnen könnten.

Die SPÖ beschleunigt eine Neuordnung der politischen Landschaft: Zunächst stärkt sie die Aussicht auf Blau-Türkis. Ein Teil ihrer Wähler, der das noch nicht getan hat, wandert zu Hebert Kickl, kleinere andere Teile tendieren zu Grünen und Neos. Grüne bewahrt das vor größeren Verlusten aus ihrer noch bestehenden Regierungsbeteiligung heraus.

In weiterer Folge hängt viel davon ab: Implodiert eine türkis-blaue bzw. blau-türksie Koalition wieder nach wenigen Jahren, ja Monaten? Dann tun sich Chancen für neue Bewegungen in der Mitte auf. Oder hält eine solche Koalition diesmal länger, auch, weil sie autoritäre Verhältnisse schafft und davon profitiert, dass die Opposition alles in allem schwach ist sowie unabhängige Medien ohnehin schon in ihrer Existenz bedroht sind? Es empfiehlt sich, davon auszugehen.

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