SPÖ riskiert viel

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ANALYSE. Die Oppositionspartei vernachlässigt es, ernstzunehmende Angebote zu machen. Ob das reicht für einen Wahlsieg in den nächsten Jahren, ist zunehmend fraglich.

Waffenlieferungen an die Ukraine würden den russischen Angriffskrieg nicht beenden, bekräftigte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner im „Puls 24 Sommergespräch“ und forderte, auf Diplomatie zu setzen: „Wenn wir Friedensverhandlungen ernst nehmen, dann muss man sich (…) mit beiden Seiten ernsthaft auseinandersetzen.“ Ja! Aber: „Wir alle wünschen uns, dass man verhandelt und eine diplomatische Lösung findet“, erklärte der Russland-Experte Gerhard Mangott am Sonntagabend in der ZIB2: „Aber es ist im Augenblick eigentlich so, dass Russland an einer Verhandlungslösung nicht interessiert ist, außer sie setzen einen Diktatfrieden durch. Und deshalb sind Verhandlungsbemühungen derzeit auch sehr, sehr aussichtslos.“

Das heißt nicht, dass man sie aus den Augen verlieren sollte. Man muss nur realistisch bleiben – und wenn man, wie Rendi-Wagner vorgibt, daran interessiert zu sein, aufhören, mit Phrasen zu arbeiten und anfangen, darzulegen, wie man sich das genau vorstellt. Gerade weil die Verhältnisse so kompliziert sind, wie Mangott schildert: Nicht wenige Leute gehen davon aus, dass eine Verhandlungslösung von Wladimir Putin nur als Unterbrechung des Angriffskrieges betrachtet werden würde. Das sollte man berücksichtigen, so schwer es fallen mag.

Für Pamela Rendi-Wagner geht es hier nicht nur um ihren Ruf als außenpolitische Sprecherin ihrer Partei. Sie riskiert (innenpolitisch) viel mehr. Was sich abzeichnet in den kommenden Monaten, ist eine Polarisierung. Zwischen denen, die den Angriffskrieg weiterhin verurteilen und Sanktionen gegen Russland trotz aller Kosten (Energkrise etc.) aufrechterhalten wollen; und denen, die den Angriffskrieg zu einer bilateralen Angelegenheit zwischen Russland und der Ukraine herabtun und die Sanktionen daher besser heute als morgen beseitigen wollen. Lager eins gehören überwiegend etwa die Regierungsparteien an, Lager zwei bildet die FPÖ. These: In einem Dazwischen gibt es keinen politischen Erfolg. Die SPÖ riskiert jedoch, in dieses Dazwischen zu fallen.

Zumal es für sie so oder so immer schwieriger wird. „Die Preise müssen runter“, trommelt Rendi-Wagner seit Monaten. Was tut die SPÖ-geführte Stadt Wien? Sie nimmt eine Gebührenerhöhung vor. Die „Krone“ lässt bei der Parteivorsitzenden nachfragen, wie das zusammenpasse. Antwort einer Pressesprecherin: „Die hohen Energiepreise sind ein österreichweites Problem, das österreichweite Lösungen braucht.“ Womit der Widerspruch nicht geklärt wäre: Die Stadt Wien kann ihre Gebühren allein festlegen.

Natürlich: Auch sie muss auf steigende Kosten reagieren. Auch bei diesem Beispiel wird jedoch deutlich, dass alles nicht so einfach ist, wie es anspruchslose Oppositionspolitik vermittelt; gerade bei diesem Beispiel wird sie durch eine Belastungsmaßnahme aus den eigenen Reihen sogar bloßgestellt.

These: Je länger all diese Krisen andauern, desto schwieriger wird es für eine SPÖ wieder, die allein drauf setzt, von ÖVP-Verlusten zu profitieren und konkrete Vorstöße am besten zu unterlassen, um nichts zu riskieren. Zumal sie auch auf eine Offensive in Bereichen verzichtet, die Schwarz-Türkisen wehtun könnte (Korruptionsbekämpfung, Transparenz etc.). Und zumal sie es etwa unterlässt, Angebote für Jüngere zu pflegen, denen Klimaschutz noch immer ein Anliegen ist. Im Nachrichtenmagazin „profil“ bezeichnete Rendi-Wagner die Einführung der ohnehin schon verschobenen CO2-Bepreisung ab Oktober als „unklug und zynisch“. Dabei wird ein erhöhter Klimabonus, durch den die Folgen davon mehr als wettgemacht werden, bereits fix für das gesamte Jahr 2022 ausbezahlt – wird unterm Strich vorerst also niemand belastet, bekommen alle (!) mehr Geld.

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