SPÖ-Risiko „U-Ausschuss“

ANALYSE. Die BVT-Affäre muss untersucht werden. Die Fähigkeit dazu steht jedoch auf einem anderen Blatt. Und dann gibt es da noch ein ganz grundsätzliches Problem.

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ANALYSE. Die BVT-Affäre muss untersucht werden. Die Fähigkeit dazu steht jedoch auf einem anderen Blatt. Und dann gibt es da noch ein ganz grundsätzliches Problem.

Was sich um das „Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung“ (BVT) abspielt, zwingt die Oppositionsparteien natürlich dazu, auf parlamentarischer Ebene zu handeln. So viel Verantwortung muss sein. Und natürlich ist das auch aus rein parteipolitischen Überlegungen heraus sehr verlockend: Vertreter der Regierungsfraktionen stehen einander gegenüber, wie das Unverständnis von ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon über die Vorgangsweise von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und die darauf folgende Zurückweisung durch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zeigt. Da kann man sich als roter, pinker oder weißer Abgeordneter die Hände reiben: U-Ausschussbefragungen werden unter solchen Umständen zu Selbstläufern. Oder etwa nicht?

Sicherheit ist in der dortigen Bio der SPÖ-Sicherheitssprecherin mit keinem Wort erwähnt.

Bleiben wir bei den rein parteipolitischen Überlegungen: Ein U-Ausschuss ist kein Selbstläufer, wie man weiß. Dazu sind sehr kompetente Abgeordnete nötig, die eine Ahnung haben von den jeweiligen Vorgängen und daher auch entscheidende Fragen formulieren können. Was das betrifft, gibt’s in den Reihen der Opposition gewisse Defizite: Die Liste Pilz steht ohne Peter Pilz da; das ist der einzig bekannte Abgeordnete, der einen Draht zu Geheimdienstkrisen hat. Bei der SPÖ, die einen Ausschuss im Alleingang durchsetzen kann, ist diesbezüglich eine Überraschung nötig. Bereichssprecherin für Innere Angelegenheiten ist laut Klub-Website Angela Lueger. Die Gewerkschafterin „engagiert sich seit vielen Jahren in der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Armut von AlleinerzieherInnen“, wie es auf Wikipedia heißt. Sicherheit ist in ihrer dortigen Bio mit keinem Wort erwähnt. Zur Caus prima haben sich zuletzt auch eher Justizsprecher Hannes Jarolim und Fraktionschef Christian Kern geäußert. Die beiden sind ohne Zweifel ambitioniert. Wollen und Können sind aber zwei Paar Schuhe. Möglich ist jedenfalls (fast) alles, sicher gar nichts.

Ein Geheimdienst, über dessen Arbeit lang und breit öffentlich gesprochen wird, ist tot.

Abgesehen davon gibt es noch mehr Risiken im Zusammenhang mit einem U-Ausschuss. Und damit ist jetzt bei weitem nicht nur der Aspekt gemeint, dass parallel zu laufenden Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft von den meisten Auskunftspersonen nicht viel mehr zu hören sein wird als Vor- und Zuname, Funktion und vielleicht das Alter. Es geht vielmehr um ein echtes Sicherheitsproblem: Ein Geheimdienst, über dessen Arbeit lang und breit öffentlich gesprochen wird, ist tot; das ergibt sich schon aus dem Widerspruich von „geheim“ und „öffentlich“. Sprich: Das wird eine echte Gratwanderung (für die in der Geschäftsordnung durch Vertraulichkeitsbestimmungen immerhin Vorsorge getroffen ist).

Zu alledem kommt das grundsätzliche Problem, dass das Vertrauen in die Fähigkeit des Staates, für Sicherheit zu sorgen, ohnehin schon ramponiert ist: Fritz Plasser und Franz Sommer haben in ihrem jüngsten Buch sehr ausführlich dargelegt, wie es im Zuge der Flüchtlingskrise de facto zerstört wurde. Und das erst hat Rechtspopulisten so stark gemacht. Zum Verhängnis vor allem der SPÖ, aber auch der Grünen. Nicht, dass sich Geschichte wiederholen muss; im Gegenteil, jetzt gibt es eher ein schwarz-blaues Sicherheitsversagen. Es unterstreicht aber, wie viel auf dem Spiel steht.

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