SPÖ in Zeiten der Coronakrise

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ANALYSE. Die Vertrauensabstimmung von Rendi-Wagner ist wertlos geworden. Jetzt geht es um ganz andere Fragen und die werden von der neuen Volkspartei mit links beantwortet.

Ja, auch in der Coronakrise gibt es eine Innenpolitik: Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz gewinnt gerade die Achtung sehr vieler Leute, die ihm bisher ablehnend bis kritisch gegenübergestanden sind. Das ist das eine. Das andere: Die SPÖ hat noch immer die Vertrauensabstimmung von Pamela Rendi-Wagner laufen. Sie wird jedoch von begrenzter Aussagekraft sein. Und überhaupt: Die Fragestellungen sind völlig daneben, nach der Krise wird ein Staatsumbau unausweichlich.

In gut zwei Wochen sollte man wissen, wie die Vertrauensabstimmung ausgegangen ist. Gut möglich, dass daraus nicht einmal eine Randspaltenmeldung wird: Die Zahl der COVID-19-Erkrankten wird bis dahin eher stark steigen. So viel weiß der Laie mittlerweile: Maßnahmen, die heute gesetzt werden, greifen erst mit größerer Verzögerung.

Also: Das Ergebnis der Abstimmung wird kaum jemandem auffallen. Und es wird sich auch niemand wundern, wenn die Beteiligung sehr, sehr bescheiden sein wird. Rendi-Wagner mag sich dieser Tage als Gesundheitsexpertin hervortun. Auch sie stellt die Parteipolitik jedoch hintan. Genauso wie die meisten Genossinnen und Genossen ganz andere Sorgen haben als sich Gedanken über den Zustand der Partei zu machen.

Längerfristig ist das nicht gut für Rendi-Wagner und die SPÖ: Es wird schwer für sie, den nötigen Rückhalt zu bekommen. Wenn 100 Prozent für sie stimmen, aber nur zehn Prozent mitstimmen (um eine Hausnummer zu nennen), dann hat das null Aussagekraft. Andererseits ist in den nächsten Monaten nicht die Zeit für eine Ablöse: Wer in der Partei etwas zu sagen hat, ist mit dem Coronakrisenmanagement ausgelastet. Von ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian über die Landeshauptleute bzw. bis hin zum Wiener Bürgermeister Michael Ludwig, der nebenbei allenfalls nur seine Kampagne für die Gemeinderatswahl im Herbst neu aufsetzen kann.

Die SPÖ ist damit schlecht aufgestellt für das, was kommt: nicht mehr und nicht weniger als eine Art Staatsumbau nämlich. Kurz hat es selbst gesagt: Wir haben die schwerste Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg. Und wenn das Virus besiegt ist, wird es darum gehen, Unternehmen wieder auf die Beine zu helfen und Jobs zu schaffen, Konsequenzen aus den Bund-Länder-Unstimmigkeiten zu ziehen (Stichwort Tirol) sowie das Budget neu aufzusetzen.

Was das betrifft, kann man heute nur eine Ahnung haben. Sie aber hat es in sich: Wenn viele arbeitslos sind und andere weniger verdienen, wird es mit den bestehenden Steuern und Abgaben schlicht und ergreifend unmöglich, Bildung, Pensionen, Pflege, Gesundheit, Mindestsicherung und viele andere Leistungen zusätzlich zu jedenfalls nötigen Konjunkturpaketen zu finanzieren. Da wird es unpopuläre Einschnitte oder neue Geldquellen geben müssen.

Wobei der führenden ÖVP alles zuzutrauen ist: Wenn die Partei bzw. Bundeskanzler Kurz und Finanzminister Gernot Blümel einen „Whatever it takes“-Kurs fahren, betonen, dass es keine Denkverbote geben dürfe und plötzlich auch Eurobonds nicht mehr tabu sind, dann würde es kaum überraschen, wenn sie morgen z.B. eine Vermögenssteuer durchsetzen.

Womit wir zurück zur SPÖ und der Vertrauensabstimmung kommen müssen: Die Vorsitzende wird nicht gestärkt, die Fragestellungen sind prähistorisch, die stammen aus der Zeit vor Corona. Sprich: Die Partei rüstet sich damit nicht für das, was ansteht. Im Gegenteil. Die neue ÖVP wird jetzt erst recht zur existenziellen Bedrohung für sie: Wie Kurz in Folge der Flüchtlingskrise freiheitliche Forderungen übernommen hat, so bedient er sich nun – z.B. mit dem Bekenntnis zu einem extrem starken Staat und der Gesprächsbereitschaft über Eurobonds – im Fundus der Sozialdemokratie. Was ihr bleibt? Schwer zu sagen. Die FPÖ hat die Geschichte nicht überlebt.

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