SPÖ hat nicht, was sie braucht

ANALYSE. Zumal es zur nächsten Nationalratswahl noch weit ist, wäre zunächst einmal eine Führungspersönlichkeit gefragt, die die Regierung jeden Tag aufs Neue herausfordert. Und zwar wirkungsstark.

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ANALYSE. Zumal es zur nächsten Nationalratswahl noch weit ist, wäre zunächst einmal eine Führungspersönlichkeit gefragt, die die Regierung jeden Tag aufs Neue herausfordert. Und zwar wirkungsstark.

Auch Andreas Babler, Sozialdemokrat und Bürgermeister von Traiskirchen, hat sich nach dem Rücktritt von SPÖ-Chef Christian Kern zu Wort gemeldet: „Jetzt geht’s darum, auch inhaltliche Paukenschläge zu setzen“, twitterte er: „Das Erdklima als unsere Lebensgrundlage droht zu kollabieren, die Arbeitsbedingungen für so viele werden zurückverschlechtert u. das unsolidarische Zusammenleben wird Tag für Tag torpediert. Da braucht’s uns jetzt.“ Wirklich? Babler hat den wohl wichtigsten Punkt vergessen: Österreich braucht zunächst einmal eine wirkungsstarke Opposition; und wenn die SPÖ einen Beitrag dazu leisten möchte, dann braucht sie einen Mann oder eine Frau an der Spitze, der oder die dieses Geschäft beherrscht.

Die wichtigsten Kandidaten für die Nachfolge von Christian Kern, die zum Teil ohnehin abgesagt haben, verfügen nicht über diese Voraussetzung: Doris Bures ist Dritte Nationalratspräsidentin; sie hat eine staatspolitische Funktion und kann schon von daher nicht Opposition. Hans Peter Doskozil wird demnächst Landeshauptmann im Burgenland; im Übrigen sieht er inhaltlich sehr vieles zumindest so ähnlich wie die Regierungsparteien auf Bundesebene – und kann von daher nicht Opposition. Zu Rendi Wagner ist eine Aussage schwer bis un-möglich; sie hat sich in der Oppositionsrolle noch nicht hervorgetan.

Die Spitzenkandidatenfrage stellt sich in den nächsten (knapp) vier Jahren nicht. Jetzt ist Opposition gefragt.

Die parteiintern populäre, ehemalige Gesundheitsministerin wäre unter Umständen eine potentielle Spitzenkandidatin für Nationalratswahlen: Als Angebot für eine Alternative zu Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ). Das Problem ist aber: Die Spitzenkandidatenfrage stellt sich in den nächsten (knapp) vier Jahren nicht. Jetzt ist Opposition gefragt.

Zu wirkungsstarker Opposition gehört dies: Regierende auf ihrem Spielfeld herausfordern und ins Schwitzen bringen. Bei einer Sozialversicherungsreform genauso, wie in einem Untersuchungsausschuss oder in der Integrationspolitik. Und zwar so sehr, dass für viele Wähler offensichtlich wird, dass da keine Wunderwuzzis am Werk sind; im Gegenteil. Allmählich sollte eine gewisse Masse dadurch anfangen, sich wieder nach einer Alternative zu sehnen. Erst dann kann man mit einem Kanzlerkandidaten oder einer -kandidatin kommen. Aber das braucht Zeit.

Bleiben wir beim ersten Schritt: Kerns Sache war und ist es nicht, Kurz und Strache aus der Opposition herauszufordern. Dazu ist er selbst vielleicht zu viel Manager, also Macher bzw. Gestalter. Dazu nötig ist jemand, der viele Talente und Fähigkeiten mitbringt; zum Beispiel die rhetorischen, mit denen Josef Cap als Klubobmann Schwarz-Blau I-Vertreter auf parlamentarischer Ebene einst durchaus zur Weißglut getrieben hat.

Selbstverständlich müsste ein solcher Oppositionschef der Parlamentsfraktion angehören. Womit wir bei einem weiteren Dilemma angelangt wären.

Selbstverständlich müsste ein solcher Oppositionschef der Parlamentsfraktion angehören. Womit wir bei einem weiteren Dilemma angelangt wären: Die Fraktion führt neben Kern zurzeit Andreas Schieder. Nicht gerade der Angriffslustigste und Scharfzüngigste. Keine Schande, aber nicht das, was die SPÖ in ihrer derzeitigen Rolle braucht. Ähnlich verhält es sich mit vielen weiteren Abgeordneten, die selbst einmal in Regierungsfunktion waren, Politik oft nicht von der Pieke auf gelernt haben oder weniger bekannt sind. Was nicht zwingend bedeuten muss, dass da niemand Geeigneter wäre. Aber allein schon, dass sich da noch niemand hervorgetan hat, zeigt, dass die SPÖ generell nicht in ihrer Oppositionsrolle angekommen ist.

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