Sebastian Kurz, Diener zweier Herren

ANALYSE. Mit dem Job des Außenministers können Heinz-Christian Strache und Christian Kern zufrieden sein; beide werden gestärkt. 

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ANALYSE. Mit dem Job des Außenministers können Heinz-Christian Strache und Christian Kern zufrieden sein; beide werden gestärkt.

Ein Fremder könnte übersehen, dass Sebastian Kurz Regierungsverantwortung trägt: Immerhin hat er es zur Meisterschaft gebracht, Dinge zu fordern und zu kommentieren. Wobei es vorzugsweise um Flüchtlinge im Allgemeinen und Muslime im Besonderen geht. Einmal entwickeln sie über Kindergärten eine Parallelgesellschaft, ein anderes Mal müssen sie erfahren, dass sie nicht einmal dann, wenn sie aus Seenot gerettet werden, nach Zentraleuropa kommen, sondern auf einer Mittelmeerinsel festgehalten werden sollen. Schlagzeilen sind Kurz damit gewiss. Er ist jedoch nicht Oppositionspolitiker, der nur der Aufmerksamkeit wegen allerlei kritisieren und verlangen kann; er ist vielmehr Europa-, Außen- und Integrationsminister und so mehr als jeder andere verantwortlich dafür, dass Lösungen gefunden werden.

Entlarvend dafür, dass ihn das nicht weiter interessiert, ist etwa, dass er sich im Interview mit der „Presse am Sonntag“ dafür ausgesprochen hat, Flüchtlinge auf „einer Insel wie Lesbos“ festzuhalten. Lesbos ist erstens eine Urlaubsdestination und zweitens eine ausländische. Das wäre etwa so, als würde ein deutscher Minister vorschlagen, man solle Tausende fremde Menschen am österreichischen Arlberg internieren. Dazu kommen würde es ganz sicher nicht – weil allein schon die Vorgangsweise den Widerstand befeuern würde; und wie.

Wenn Strache jetzt schon von Kurz bestätigt wird, darf er davon ausgehen, künftig von noch mehr Menschen gewählt zu werden. 

Doch um eine Lösung geht es Kurz, wie bereits erwähnt, ganz offensichtlich ohnehin nicht. Er will sich positionieren und schlägt daher Pflöcke ein. Wobei er zunächst sogar davon ausgehen kann, den Vorstellungen eines größeren Bevölkerungsanteils zu entsprechen. Längerfristig wird er damit aber eher seinen politischen Widersachern nützen: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf der einen und Kanzler und SPÖ-Vorsitzendem Christian Kern auf der anderen Seite.

Sebastian Kurz verstärkt mit seiner Politik Ängste und Vorbehalte: Wenn er meint, dass Menschenrechte aufgekündigt und Massenlager errichtet werden müssen, dann suggeriert er damit, dass von den Flüchtlingswellen noch viel größere Bedrohungen ausgehen, als da und dort ohnehin schon befürchtet wird. Oder wie es Heinz-Christian Strache schon seit Jahr und Tag behauptet. Also kann sich dieser für die Schützenhilfe bedanken: Wenn er jetzt schon von Kurz bestätigt wird, darf er davon ausgehen, künftig von noch mehr Menschen gewählt zu werden.

Immerhin verstärkt Kurz da auch eine Polarisierung, die Kern nur helfen kann, sich zu profilieren.

Doch auch Christian Kern hat gute Chanen zu profitieren: Immerhin verstärkt Kurz da auch eine Polarisierung, die ihm nur helfen kann, sich zu profilieren. Ähnlich, wie es Michael Häupl im Gemeinderatswahlkampf im vergangenen Herbst gelungen ist; hätte Strache damals nicht gegen Flüchtlinge gehetzt, wäre es ihm nicht möglich gewesen, so viele Wiener für einen menschenrechtskonformen Kurs bzw. sich selbst und – „ein letztes Mal ausnahmsweise“ – die Sozialdemokratie zu gewinnen.

Auch bei Nationalratswahlen ist so etwas erfolgversprechend. Der Kür von Alexander Van der Bellen zum künftigen Bundespräsidenten hat gezeigt, dass es eine knappe Mehrheit links der Mitte geben kann, wenn dieses Lager von rechts nur stark genug herausgefordert wird. Und darum bemüht sich Kurz im Schatten Straches und auch im Sinne Kerns ja mit aller Kraft.

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