Schwarze Reserve

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ANALYSE. Finanzminister Brunner empfiehlt sich für eine allfällige Neuaufstellung der ÖVP inklusive Rückkehr zu einer „Großen Koalition“.

Die Budgetrede, die Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) gerade gehalten hat, wird nicht in die Geschichtsbücher eingehen. Sie war unspektakulär, eine Pflichtübung. Wobei: Bekenntnisse zu Sparsamkeit bzw. Absagen an einen Vollkaskostaat sowie Überschriften wie jene, dass Österreich jetzt zukunftsfit gemacht werde, muss ein ÖVP-Politiker liefern, durch das Zahlenwerk sind sie jedoch nur bedingt gedeckt: „Koste es, was es wolle“, wird in wesentlichen Zügen fortgesetzt. „Klima und Transformation“ wird vor allem durch neue Förderungen betrieben. Und in Bezug auf die einnahmendämpfende Abschaffung der kalten Progression lassen weiterhin ausgabendämpfende Maßnahmen auf sich warten. Wie hier ausgeführt, wird etwa der Anteil der Pensionsgaben stark steigen in den nächsten Jahren.

Trotzdem oder gerade deshalb empfiehlt sich Brunner für eine allfällige Neuaufstellung der ÖVP inklusive Rückkehr zu einer „Großen Koalition“; also einer Zusammenarbeit mit der SPÖ, der zur Sicherung einer Mehrheit wohl die Grünen oder die Neos angehören müssten.

Warum? Zur ÖVP selbst: Der türkise Teil ist dabei, zu implodieren; die letzte Hoffnung für ihn ist noch immer ein Comeback von Sebastian Kurz. Brunner hat es verstanden, sich mit diesem Teil zu engagieren, ohne ihm anzugehören. Auf die Standpauke, die Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei der Eröffnung der Bregenzer Festspiele heuer im Sommer hielt, reagierte er im Unterschied zum türkisen Kanzler Karl Nehammer beispielsweise nicht empört. Im Gegenteil, gegenüber „Vorarlberg Live“ sagte er: „Ich glaube, er hat das angesprochen, wie ich das auch sehe. Nämlich dass man den Populismus wieder etwas hintanhalten und sich mehr auf die Fakten und auf die Seriosität in der Politik konzentrieren sollte.“

Poltern gegen Brüssel oder simples Normalitätsgerede ist Brunner fremd. Wegen ihm hätte Othmar Karas nicht erklären müssen, die ÖVP sei von der Mitte an einen Rand gewechselt.

Sollte die Partei nach einer Wahlniederlage im kommenden Herbst das Kapitel Kurz ein für alle Mal schließen und erwägen, ohne größeres Risiko einen Neustart in Schwarz zu versuchen, sie könnte auf Brunner zurückgreifen. Der starke Wirtschaftsflügel wäre wohl dafür, zumindest die Landeshauptleute von Vorarlberg, Tirol und der Steiermark wären es ebenfalls.

Gerade auch weil der derzeitige Finanzminister eher für stilistische als für inhaltliche Veränderungen zu Fragen steht, die ihnen wichtig sind. Große Reformen mögen sie nicht. Dem entspricht Brunner mit seinem Budget. Genieren wie für dessen Vorgänger Gernot Blümel wollen sie sich auch nicht. Er erspart es ihnen.

Dass Brunner für eine Masse ein solider Politiker ist, der weder begeistert noch aufregt und bei dem auch schwer zu sagen ist, ob er eine Vision verfolgt und wenn ja, welche, das nehmen sie in Kauf. Bei ihnen ist es ja ähnlich.

Mit dem Vorarlberger könnte man eine „Große Koalition“ mit der SPÖ bilden, die dann halt klein sein wird und die Grünen oder Neos braucht, um auf eine Mehrheit zu kommen; je nachdem, welche der beiden Parteien es billiger gibt.

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