Rot-schwarzer Sicherheitsproporz

ANALYSE. Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise wird auch das Bundesheer hochgerüstet, womit die Funktionsvermischung mit der Polizei verstärkt wird. 

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ANALYSE. Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise wird auch das Bundesheer hochgerüstet, womit die Funktionsvermischung mit der Polizei verstärkt wird.

In Frankreich sorgt der Einsatz von Soldaten zur Verhinderung weiterer Terroranschläge im Land zumindest für Diskussionen. Und die Entsendung weiterer Angehöriger des Bundesheeres an den Brenner hat diese Woche immerhin den italienischen Außenminister Paolo Gentiloni echauffiert. Doch in Österreich selbst ist die Vermischung von militärischen und polizeilichen Angelegenheiten im Zuge der Flüchtlingskrise längst zur Selbstverständlichkeit geworden – auch zum Leidwesen der Steuerzahler.

Die beiden Sicherheitskörper der Republik werden hochgerüstet: Laut Bundesfinanzrahmen wird das Budget des Innenministeriums vorübergehend auf mehr als dreieinhalb Milliarden Euro erhöht. Und auch das Verteidigungsministerium erhält nach mehreren Jahren, in denen Kürzungen angesagt waren, mehr Geld; bis 2020 wird sich das Budget an jenes des Innenministeriums annähern (siehe Grafik).

Die Begründungen, die im Strategiebericht des Finanzministeriums angeführt werden, sind identisch. Beim Innenministerium ist von der „Bewältigung der Flüchtlings- und Migrationskrise“ die Rede, beim Verteidigungsministerium von „Einsätzen im Zusammenhang mit der Migrationsproblematik im In- und Ausland“.

Verfassungsrechtlich ist diese Vermischung heikel: Aufgabe der Polizei ist es, für die innere Sicherheit zu sorgen, während sich Soldaten um die äußere kümmern sollten. Laut B-VG Artikel 79 können letztere denn auch nur ausnahmsweise von ersterer zur Hilfe (bzw. Assistenz) gerufen werden; und zwar zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie der demokratischen Freiheiten der Einwohner“; und „zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren überhaupt“.

Schon beim Assistenzeinsatz des Bundesheeres nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde daraus eine Dauereinrichtung; Soldaten standen jahrelang an der Grenze. Jetzt zeichnet sich eine Wiederholung ab.

Vor allem Sozialdemokraten hatten aufgrund der Erfahrungen, die sie in der Zwischenkriegszeit gemacht hatten, lange auf eine saubere Aufgabentrennung bestanden; Bundesheerangehörige wurden damals gegen Bürger eingesetzt, beschossen in Wien Gemeindebauten. Auf diese Trennung legen jedoch nicht einmal mehr sie besonderen Wert – im Gegenteil, SPÖ-Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil versucht sich in der Flüchtlingskrise genauso zu profilieren, wie ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka.

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