ANALYSE. Das Regierungsprogramm dürfte den Vorstellungen von ÖVP-, SPÖ- und Neos-Anhängern nicht annähernd gleich gerecht werden.
Die Sache ist kompliziert. Dass sich bei Koalitionsverhandlungen die Vorsitzenden der involvierten Parteien einigen und auch ihre Vorstände (oder bei den Neos zusätzlich die Mitglieder) einverstanden sind mit dem Ergebnis, ist das eine. Längerfristig ist jedoch relevant, ob auch ihre Wählerinnen und Wähler zufrieden sind.
Was das betrifft, bleibt für Schwarz-Rot-Pink ein erhebliches Risiko. Das vorliegende Programm wird den Anhängern von ÖVP, SPÖ und Neos nicht annähernd gleich gerecht. Natürlich könnten alle zufrieden sein, dass etwa Bekenntnisse zu Demokratie, Rechtsstaat und Europa vorliegen.
Abgesehen davon dürfte in allen Parteilagern auf eine gewisse Zustimmung stoßen, dass bei Asyl und Familiennachzug gebremst werden soll; und dass Integration vom ersten Tag an forciert werden soll.
Gemessen am insgesamt sehr allgemein gefassten Regierungsprogramm sehr konkret ist hingegen, was der SPÖ von Andreas Babler besonders wichtig ist: eine Mietpreisbremse. Da gibt’s kein „Soll“: Heuer werde die Indexierung ausgesetzt, für 2026 mit maximal einem Prozent und 2027 mit maximal zwei Prozent festgesetzt. Punkt.
Vergleichbares gibt es in Bezug auf eine Lohnnebenkosten-Senkung, auf die die ÖVP ganz besonders gedrängt hat, nicht. Die Kosten sollen bis zur Mitte der Regierungsperiode (2026/27) „abhängig von der konjunkturellen und budgetären Entwicklung“ gesenkt werden. Unter Umständen also gar nicht.
Auch eine Pensionsreform, die Neos wichtig wäre, bleibt ungewiss. Kommen soll ein gesetzlicher Nachhaltigkeits-Mechanismus. Sollten die Pensionsausgaben im Jahr 2030 (!) von einem vorgesehenen Pfad abweichen, sollen demnach verpflichtend Maßnahmen ergriffen werden. Zum Bespiel: „Die Bundesregierung wird (dann) die erforderlichen Versicherungsjahre für die Korridorpension ab 1.1.2035 in Halbjahresschritten erhöhen.“
Der Haken: Spätestens 2029 wird gewählt. 2030, geschweige denn 2035 wird es die schwarz-rot-pinke Regierung, die nun sehr wahrscheinlich kommen wird, nicht mehr geben. Wird sie vielleicht neuerlich im Amt sein oder zum Beispiel einer blau-schwarzen gewichen sein. Was weiß man.
Trost für die Neos: Mit dem verpflichtenden zweiten Kindergartenjahr sowie einem Chancenbonus (sprich zusätzlichen Mitteln für Schulen mit größeren sozialen Herausforderungen) können sie zumindest vorerst im Bildungsbereich aufzeigen. Ab 2027 könnte es aber auch hier knapp werden, wird es ausdrücklich einen „Budgetvorbehalt“ geben.