Rendi-Wagners Fleißaufgaben

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ANALYSE. Gerade auch die Sozialdemokratie wäre in den nächsten Monaten und Jahren gefordert. Als politische Alternative aufgestellt ist sie aber noch immer nicht.

Bei Leuten, die die Sozialdemokratie nicht grundsätzlich ablehnen, hat sich Parteichefin Pamela Rendi-Wagner in den vergangenen Wochen ziemlich viel Respekt erarbeitet. Als Ärztin bzw. Frau vom Fach lieferte sie konstruktive Anregungen zur Corona-Pandemie. Fehler und Peinlichkeiten, wie bei anderen Gelegenheiten in der Vergangenheit (z.B. „Die Richtung stimmt“ nach dem Debakel bei der Nationalratswahl), unterliefen ihr keine, sie hat vielmehr gewonnen.

Aber was? Umfragen sehen ÖVP und Grüne zusammen schon bei einer Zweidrittelmehrheit. Als Parteichefin sitzt Rendi-Wagner wiederum auch fest im Sattel, weil jetzt niemand eine Personaldebatte führen kann. Und weil sie selbst das, was sie als Befreiungsschlag geplant hatte, zurückhält. Das Ergebnis der Vertrauensabstimmung nämlich. Irgendwie ist diese Abstimmung aber auch uninteressant geworden: Die Beteiligung kann kaum hoch gewesen sein, nachdem die Genossinnen und Genossen schon im Februar und März mehr und mehr ganz andere Sorgen hatten (Corona). Und überhaupt.

Schlimmer wiegt, dass die Verteilungsdebatte, die auf die Gesundheitskrise folgt, nicht von der SPÖ-Vorsitzenden eröffnet worden ist, sondern von Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler mit seinem Ruf nach einer Erbschaftssteuer. Gut, von roter Seite ist eine solche Steuer auch schon früher immer wieder gefordert worden. Aber jetzt, in diesem Kontext, hat sich eben ein Grüner daran gemacht. Das ist ein relevanter Unterschied.

Hat man sich in der SPÖ schon überlegt, worauf die ganze Geschichte hinauslaufen könnte? Klar, man weiß es nicht. Alle Optionen durchzugehen, könnte aber nicht schaden: Am Ende könnte eine türkis-grüne Erbschaftssteuer für „Superreiche“ stehen, weil die Grünen darauf bestehen und die ÖVP ihnen nach außen hin (wie einst der FPÖ beim Rauchverbot) ein Zugeständnis machen muss und insgeheim vor allem froh darüber ist, damit einen gewissen Nebeneffekt ausgelöst zu haben: Die SPÖ wäre erledigt.

Auch vor diesem Hintergrund hätte die SPÖ gute Gründe, sich schnell für das aufzustellen, was kommt: Auseinandersetzungen über Systemfragen wie die Verstaatlichung großer Unternehmen, Pensionen, die Mindestsicherung oder eben neue, alte, höhere und niedrigere Steuern.

Oder Debatten über Rechtsstaatlichkeit und Parlamentarismus. Davon, hier eine glaubwürdige Alternative zu Türkis-Grün zu sein, ist die Partei jedoch weit entfernt. Die Idee, Wiener und andere Menschen, die mehr als 15 Kilometer vom Neusiedlersee entfernt leben, von dort fernzuhalten, hätte ein blauer oder türkiser Politiker liefern können; verantwortlich dafür zeichnet jedoch Burgenlands Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil (SPÖ). Und die jüngste Aktion, ein Wahlergebnis ohne Urnengang am Verhandlungstisch zu fixieren, kann man Feinden der Demokratie zuschreiben – sie stammt von schwarz/türkise und roten Standesvertreter der nö. Landarbeiterschaft.

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