Regierung: Gerne auch wirtschaftsfeindlich

ANALYSE. Im Zweifelsfall geht Populismus vor. Siehe Umgang mit Asylwerbern in Lehre, Pensionen oder nun eben Anrechnung von Karenzzeiten für Lohnerhöhungen.

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ANALYSE. Im Zweifelsfall geht Populismus vor. Siehe Umgang mit Asylwerbern in Lehre, Pensionen oder nun eben Anrechnung von Karenzzeiten für Lohnerhöhungen.

Die Bundesregierung macht es zwei Gruppen nicht immer einfach, mit ihr zurechtzukommen: Kritikern aus dem eher linken Lager. Und zunehmend auch Wirtschaftsvertretern. Zu widersprüchlich werden Maßnahmen und Forderungen, die da präsentiert werden. Einfache Erklärung: Im Zweifelsfall geht Populismus vor.

Von wegen „Senkung der Lohnkosten, um im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig sein zu können“: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) haben in den vergangenen Tagen davon abgesehen – und die Sozialpartner zu möglichst guten Lohnabschlüssen aufgefordert. Wobei sie nicht so sehr „gut“ aus Sicht der Arbeitgeber gemeint haben, sondern vielmehr aus der der Arbeitnehmer: Sie sollen deutlich mehr bezahlt bekommen. Was sie auf der anderen Seite – ganz nüchtern betrachtet – eben auch entsprechend teurer macht.

Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) legt nach: Sie teilt den Sozialpartnern mit, dass sie die Anrechnung von 24 Monaten Karenzzeit bei Gehaltsvorrückungen freiwillig einführen könnten. Unterlassen sie es, werde sie für eine gesetzliche Regelung sorgen. Und dann ist das ganz einfach so. Und damit basta. Da können Unternehmervertreter noch so oft erklären, dass Gehaltsvorrückungen ihrer Ansicht nach ausschließlich abgelten, „dass Arbeitnehmer durch die betriebliche Erfahrung auch leistungsfähiger werden“. Es hilft nichts.

Wird ein wirtschaftsfreundlicher Schritt gesetzt, wird er bei anderer Gelegenheiten wieder konterkariert. 

Wirtschaftsvertreter sind eben erst überraschend brüsk enttäuscht worden von der Regierung: Weil für die FPÖ eine restriktive Flüchtlingspolitik über alles geht und sich die ÖVP auf keinen Konflikt in dieser Frage einlassen wollte, müssen abgewiesene Asylwerber, die eine Lehre machen, gehen. Und Punkt. Da kann der Fachkräftemangel noch so groß sein.

Eine Alternative, dem Fachkräftemangel zu begegnen, wäre vielleicht, mehr Ältere auf den Arbeitsmarkt zurückzubringen oder überhaupt zu halten. Wie? Unter anderem durch eine Anhebung des Pensionsalters. Das würde nebenbei auch das Sozialversicherungssystem wirklich spürbar entlasten, ist jedoch ein Tabu für ÖVP und FPÖ: Zu unpopulär wär’s wohl.

Nicht, dass die Regierung keine wirtschaftsfreundlichen Maßnahmen setzen würde. Im Gegenteil. Dieser eine Punkt deutet jedoch darauf hin, dass sie diese, einmal gesetzt, bei anderen Gelegenheiten wieder konterkariert: Zum einen Senkung von Steuern und Beiträgen beispielsweise und zum anderen nichts Wirkungsvolles gegen wirklich hohe Ausgaben zu tun, ja diese sogar weiter steigen zu lassen (durch eine Extra-Anhebung des Ausgleichszulagen). Das ist schlicht und ergreifend widersprüchlich.

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