ANALYSE. Ob Wolfgang Sobotka beim „Mock Institut“ oder Markus Wallner zur Wirtschaftsbund-Affäre: Entscheidendes fehlt noch immer – und wird daher wohl auch nicht mehr zustande kommen.
„Gibt es das Alois-Mock-Institut eigentlich noch?“, wurde Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) am vergangenen Wochenende in einem „Presse“-Interview gefragt. Seine Antwort: „Wir haben es ruhend gestellt, weil in der derzeitigen Situation ein entsprechendes Arbeiten nicht möglich wäre. Genau daran sieht man die Kollateralschäden einer Politik, die mit Anzeigen und Unterstellungen arbeitet. Das ist Dirty Campaigning. Das Alois-Mock-Institut hat niemals illegal eine Partei finanziell unterstützt. Und ich war auch kein Regierungsmitglied in der untersuchten Zeit.“
Wo soll man anfragen? Der Website des Instituts ist zwar zu entnehmen, dass da im Moment nichts ist, ganz ruhend scheint das Geschehen jedoch nicht zu sein: „Hier entsteht was Neues …“, heißt es jedenfalls: „Wir sind demnächst wieder für Sie da.“ Andererseits: Dieser Hinweis ist seit Monaten unverändert. Doch das ist eine Kleinigkeit: Laut Sobotka wurde das Institut Opfer von Anzeigen und Unterstellungen, wonach es illegaler Parteienfinanzierung gedient habe. Das ist zu einfach dargestellt. Und der Hinweis, er sei zu der gegebenen Zeit „kein Regierungsmitglied“ gewesen, ist belanglos.
Wolfgang Sobotka will nicht erkennen, worin die politische Unerträglichkeit besteht: Er, der ehemalige Finanzlandesrat (1998 bis 2016) und Landeshauptmann-Stellvertreter von Niederösterreich (2009 bis 2016), gründete einen Verein namens Alois-Mock-Institut, den er nicht nur durch einen Glücksspielkonzern, sondern auch durch Landesgesellschaften, wie die EVN und die Landeskliniken, in Form von Inseraten in einem „Report“ unterstützen ließ. Ja, er, der bei Wolfgang Fellner einmal ausdrücklich erklärte, wie es in der Praxis laufe, ließ dies geschehen: „Fürs Inserat gibt’s ein Gegengeschäft.“
Das ist alles nicht verboten. Politisch aber ist es aufgrund der Intransparenz, mit der das lief, unvereinbar: Sobotka, nebenbei im Übrigen auch langjähriger Chef des ÖVP-Arbeitsnehmerbundes ÖAAB, hat in Niederösterreich ein solches Gewicht, dass Unternehmen, die dem Land gehören oder die es sich mit diesem nicht verscherzen wollen, es sich zweimal überlegen müssen, ob sie die Bitte um ein Inserat ausschlagen können.
Von da ist es nicht weit zum mittlerweile ebenfalls eingestellten Magazin des Vorarlberger Wirtschaftsbundes, einer ÖVP-Teilorganisation, das im äußersten Westen noch viel mehr Inserate gekeilt hat. Was man sich erst einmal trauen muss, zumal es laut Rechnungshof weit über das hinausgegangen ist, das einigermaßen verhältnismäßig gewesen wäre. Seit dem Frühjahr ist die Finanz sowie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) tätig. Aber das ist ein anderes Kapitel. Eine Frage lautet: Wenn man schier absolute Macht im Land hat, ist es dann okay, unzählige, auch nur potenziell Abhängige um bezahlte Anzeigen zu ersuchen und das alles nicht selbstverständlich offenzulegen (nur damit kein Eindruck entsteht)?
Als Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) in den vergangenen Wochen im Krankenstand war, wurde er als Parteiobmann durch die Landesrätin Martina Rüscher vertreten. Sie ließ gleich einmal erkennen, dass sie Handlungsbedarf sieht und anpacken möchte: Zum einen bedauerte sie ausdrücklich, was vorgefallen war; zwar ohne es genauer zu benennen, aber doch. Zum anderen erklärte sie, dass es in der Partei „unklare Strukturen“ gebe und diese daher reformiert werden müssten. Unter dem Titel „Wie gehen wir in die Zukunft?“ wollte Rüscher über den Sommer etwas erarbeiten, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen.
Passiert ist nichts. Wallner ist wieder im Dienst und erklärt in einem Interview mit der „Neuen Vorarlberger Tageszeitung“, dass man Konsequenzen ziehen müsse, wenn an den Vorwürfen etwas dran ist. Sprich: Für ihn ist offen, dass etwas passiert ist. Außerdem erklärt er: „In Tirol habe ich gerade den Eindruck, dass die Vorwürfe stark wahlkampfgetrieben sind. Man darf sich aber nicht wegducken, sondern muss genau hinschauen, wo Fehler passiert sind. Ich bin für mehr Versachlichung und weniger Show.“
Das sind, ein halbes Jahr nach Beginn der Affäre, Allgemeinplätze, die für fehlende Einsicht ebenso stehen wie für die-Sache-aussitzen. Das ist bemerkenswert: Wie hier ausgeführt, hätte Wallner beste Voraussetzungen dafür, Notwendiges zu tun. Und zwar auch dabei, Dinge einzugestehen und eine von Rüscher angedeutete Parteireform anzugehen. Allein: Es hapert an der Bereitschaft, es zu tun.