ANALYSE. Sie werden sich nicht mehr wundern, was alles geht: Norbert Hofer gibt sich im Ton gemäßigter, hat sich in der Sache gegenüber den bisherigen Wahlgängen aber nicht geändert. Seine Zielgruppen wird’s freuen.
Von der Programmpräsentation des freiheitlichen Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer (FPÖ) ist eine Botschaft übrig geblieben: Seine erste Neujahrsansprache werde er in einem Seniorenheim halten, ließ es wissen. Ein Jahr später soll ein Klein- oder Mittelbetrieb drankommen und dann ein Bauernhof.
Dass das mehr als ein Signal ist, glaubt Hofer zum Glück selbst nicht; es geht ihm vielmehr darum, „heraus aus der Hofburg, hin zu den Leuten“ zu gehen. Und darum bemüht er sich auch sonst. Zwar will er nicht mehr so direkt von einem EU-Austritt reden, sein Programm ist der allgemeinen Stimmung entsprechend aber durch und durch antieuropäisch geblieben; es verspricht eine heile Welt innerhalb der nationalen Grenzen.
Österreich solle souverän und selbstbestimmt handeln, so Hofer. Und das steht naturgemäß in einem ganz grundsätzlichen Widerspruch zur Integration: Vergemeinschaftung heißt per se weniger Souveränität und Selbstverstimmtheit. Doch davon will Hofer ohnehin auch in entscheidenden Bereichen nichts wissen: Würde er etwa das, was er im Zusammenhang mit der Währungsunion suggeriert, ernst nehmen (man müsse die eigenen Finanzen in Ordnung bringen und könne daher nicht für Schulden anderer haften), müsste er in letzter Konsequenz einen Euro-Austritt fordern; zumindest Rechtspopulisten wie der ehemalige CSU-Politiker Peter Gauweiler oder Vertreter der deutschen AfD sehen eine Haftungsunion jedenfalls längst als Realität an. Offener ist er in puncto TTIP; das transatlantische Freihandelsabkommen lehnt er rundherum ab.
Hofers Vorgaben umsetzen, wird für die Regierung schwer.
Sie werden sich noch wundern, was alles geht? Norbert Hofer möchte nach wie vor ein aktiver Bundespräsident sein und der Regierung konkrete Vorgaben im Sinne seiner Zielgruppen (Ältere, Pflegebedürftige) machen; sie umzusetzen wird freilich schwierig sein: Pensionen sind tabu und das Pflegesystem, für das das WIFO für die nächsten 50 Jahre ohnehin schon eine Verdoppelung der Kosten gemessen an der Wirtschaftsleistung in Aussicht stellt, will Hofer ausbauen: „Fünf Milliarden Euro werden wir brauchen“, lässt er wissen. Auf der anderen Seite aber kritisiert er die hohe Steuerlast. Ein Widerspruch? Ja. Das eine bedingt das andere – und daran wird auch eine Kürzung des Kindergeldes und der Mindestsicherung für Flüchtlinge nichts ändern, die Hofer fordert; das brächte zwei-, vielleicht dreistellige Millionen-, aber ganz sicher nicht die nötigen Milliardenbeträge.