BERICHT. Laut einer aktuellen Erhebung hat die ÖVP ihre Führungsrolle in Bezug auf den Mittelstand verloren.
In einer neuen Kampagne versucht sich die ÖVP als Partei der Mitte darzustellen: „Wir. Die Mitte“, lautet der selbstbewusste Slogan. Allein: Für die Menschen in Österreich scheint das weniger denn je klar zu sein. Darauf lässt der sognannte „Mittelstandsbarometer“ schließen. Das ist eine Erhebung, die das Meinungsforschungsinstitut Gallup im Auftrag der „Lobby der Mitte“, des „Österreichischen Gewerbevereins“ und des „Senats der Wirtschaft“ (Ex-Präsident: Erhard Busek, amtierende Präsidentin: Benita Ferrero-Waldner) zuletzt im Februar durchgeführt hat. Befragt hat das Institut dabei online 1000 Männer und Frauen ab 14 (!).
Gegenüber früheren Erhebungsergebnissen ist es zu deutlichen Veränderungen gekommen (Details hier). Auf die Frage, welche Partei Interessen des Mittelstandes am besten vertrete, steht heute „keine“ mit 20 Prozent auf Platz eins. Und zwar knapp vor der SPÖ (19 Prozent). Die ÖVP, die 2016 (damals noch „schwarz“) sowie 2018 und 2020 mit 27 bis 31 Prozent klar vorne lag, muss sich mit 17 Prozent begnügen – und damit gleich viel wie die FPÖ, die sich von ihrer Nach-Ibiza-Krise erholt hat.
Kontinuierlich wachsend ist der Anteil der Neos. Sie halten aktuell neun Prozent und damit deutlich mehr als die Grünen (drei Prozent). Neben all jenen, die keine Partei als beste Vertreterin des Mittelstandes sehen, gibt es noch 14 Prozent, die auf die entsprechende Fragestellung mit „Weiß nicht“ antworten. Sprich: Das Vakuum ist groß.
Was sagt das alles aus? Erstens: Man kann die Werte auch in einem Zusammenhang mit einer zunehmenden Auflösung oder Fragmentierung dessen sehen, was einst als Mittelschicht und (unternehmerisch tätiger) Mittelstand verstanden wurde. Zweitens: Unter Sebastian Kurz hat sich die ÖVP zwar schon stark an dem orientiert, was sie selbst als Ränder bezeichnet und rechts ist, einen erheblichen Teil der Mitte hat sie dabei aber halten können. Das machte in Summe ihren Erfolg aus. Seit seinem Rücktritt schafft sie diesen Spagat nicht mehr.