Merkwürdiger Landespressedienst

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BERICHT. Über den Verlauf der schwarz-blauen Koalitionsverhandlungen wird in Niederösterreich amtlich berichtet. Zu den vorhergehenden Gesprächen zwischen ÖVP und SPÖ gab es keine Meldung. Und überhaupt.

ZIB2-Moderator Martin Thür wundert sich auf Twitter: „Warum informiert der Landespressedienst über Gespräche von Parteien? Welcher Vorgang der Verwaltung wird hier beschrieben?“ Thür bezieht sich auf eine Meldung des niederösterreichischen Landespressedienstes vom 13. März. Darin geht es „um intensive Gespräche“, die „VP NÖ“ und „FP NÖ“ führen würden. Salopp formuliert handelt es sich um Koalitionsverhandlungen.

Es ist wirklich nicht selbstverständlich, dass der amtliche Pressedienst darüber berichtet. Das ist einerseits ernst und andererseits nicht ernst gemeint. Über sich selbst schreibt der Dienst, für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Landes zuständig zu sein und über die Aufgaben, Tätigkeiten und Ziele der Landesregierung, des Landtages und der Landesverwaltung zu berichten. Koalitionsverhandlungen, die Parteienvertreter führen, fallen eindeutig nicht darunter.

Abgesehen davon ist es heuer erst das zweite Mal, dass der Pressedienst das tut. Zum ersten Mal tat er es am 10. März. Ebenfalls unter dem Banner „Topmeldung“ widmete er sich damals dem Verhandlungsauftakt zwischen VP NÖ und FP NÖ, der laut Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Klubobmann Udo Landbauer (FPÖ) „konstruktiv“ gewesen sei.

Das ist umso bemerkenswerter, als es zu den Gesprächen, die die niederösterreichische ÖVP zuvor mit den dortigen Sozialdemokraten geführt hatte, keine Meldung gegeben hatte. Es findet sich keine einzige Meldung im Archiv des Landespressedienstes, die sich Auftakt, Verlauf oder vorläufigem Ende widmete. Als hätte es diese Gespräche nicht gegeben. Nur in der Meldung zum schwarz-blauen Verhandlungsauftakt gibt es einen Hinweis darauf. Mikl-Leitner unterstellt den Sozialdemokraten darin, ohnehin nicht bereit gewesen zu sein, Verantwortung zu übernehmen. Eine Erwiderung der Sozialdemokraten fehlt. Sie haben möglicherweise eine etwas andere Sichtweise. Aber was weiß man. Der Landespressedienst zeigt kein Interesse daran.

Das lädt direkt dazu ein, nachzuschauen, wie es dieser Pressedienst sonst so hält. Beispiel: Wie oft wurden im Jänner 2023 Mitglieder der Landesregierung erwähnt, als am 29. gewählt wurde. Ergebnis: Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner 40 Mal, ihr Stellvertreter Stephan Pernkopf 19 Mal. Landesrat Jochen Danninger sogar 52 Mal, Martin Eichginger 30 Mal, Ludwig Schleritzko 27 Mal und Christiane Teschl-Hofmeister 19 Mal. Sie alle gehören der ÖVP an.

Die übrigen Regierungsmitglieder hatten das Nachsehen: LH-Stellvertreter Franz Schnabl (SPÖ) brachte es ebenso auf eine einzige Erwähnung wie FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl. Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) kam in sechs Meldungen vor. Das waren drei Mal weniger als das ÖVP-Mitglied mit den wenigsten Erwähnungen. Ob sie drei Mal weniger geleistet hat? Und Schnabl und Waldhäusl überhaupt noch viel, viel weniger? Der Eindruck könnte direkt vermittelt werden.

Im Jänner fanden zwar Landtagwahlen statt, der Landtag hatte jedoch Pause. Andererseits: Wenn der Landespressedienst heute über Koalitionsverhandlungen berichtet, hätte er damals etwa auch darüber berichten können, was die Klubobleute machen. Getan hat er es nicht. In Meldungen erwähnt ist ausschließlich ÖVP-Mann Kaus Schneeberger. Und zwar in sechs Meldungen. Das aber eher in seiner Funktion als Bürgermeister von Wiener Neustadt. Zum Beispiel zu einem „Top-Hotel“, an dem noch gebaut wird und über das sich ausdrücklich auch Landesrat Danninger freut. Parteizugehörigkeit: ÖVP.

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