BERICHT. Unter bestimmten Umständen ist die Wahlbeteiligung eben vergleichsweise niedrig, gibt’s viele ungültige Stimmen und geht’s den Wählern eher um die Verhinderung des Gegenkandidaten. Das kennt man auch aus Österreich.
In einer Hinsicht durfte man sich als Medienkonsument bei der französischen Präsidentschaftswahl ja wundern: Emmanuel Macron hat (mit 66 Prozent) zwar klarer gewonnen als erwartet, hinterher aber soll das irgendwie doch relativ wenig wert gewesen sein: Erstens, weil die Wahlbeteiligung vergleichsweise niedrig war; und zweitens, weil der wirtschaftsliberale Senkrechtstarter eher zur Verhinderung von Marine Le Pen gewählt worden sei, also nichts so sehr seinetwegen. Ein Stück weit liegt all das jedoch in der Natur der Sache und ist in gewisser Weise auch aus Österreich bekannt.
Zunächst einmal muss man die Kirche im Dorf lassen. Natürlich war die Wahlbeteiligung in Frankreich nun im Vergleich zu früheren Urnengängen niedriger. Laut vorläufigen Ergebnis betrug sie jedoch noch immer 74,6 Prozent. Und damit war sie sogar etwas höher als bei der Bundespräsidentenwahl am 4. Dezember 2016 in Österreich; dort betrug sie 74,2 Prozent.
Das ist erklärbar: In Frankreich wie in Österreich hatte ein größerer Teil der Wählerschaft niemanden mehr im Rennen. Daher blieb er daheim. Oder wählte ungültig. 11,5 Prozent ungültige Stimmen, wie nun bei Macron vs. Le Pens, sind viel. Bei einer Nationalratswahl beträgt dieser Anteil hierzulande gut zwei Prozent. Bei Präsidentschaftswahlen sind es jedoch mehr: 3,2 Prozent im vergangenen Dezember – und gar 7,1 Prozent 2010, als Heinz Fischer im Amt bestätigt wurde und sich die damals ansonsten noch etwas zugkräftigere ÖVP von vornherein weitestgehend aus der Entscheidung heraushielt.
Gerade einmal 34 Prozent der Wähler Van der Bellens gaben diesem seinetwegen ihre Stimme.
Dass Macron wiederum keine 66 Prozent erreicht hätte, wenn seine Gegenkandidaten nicht Marine Le Pen geheißen hätte, liegt ebenfalls auf der Hand: Linke Wähler werden sich kaum für seine wirtschaftsliberalen Ansätze erwärmt haben; Le Pen zu verhindern war ihnen aber ein entscheidendes Anliegen.
So etwas kennt man auch aus Österreich: Alexander Van der Bellen wäre wohl nicht so klar zum Bundespräsidenten gewählt worden (knapp 54 Prozent), wäre sein Gegenkandidat nicht Norbert Hofer (FPÖ) gewesen. Dafür sprechen die Ergebnisse der SORA/ORF-Wahltagsbefragung: Gerade einmal 34 Prozent der Wähler des ehemaligen Grünen-Chefs gaben diesem seinetwegen ihr Stimme. 42 Prozent gibt es um die Verhinderung von Hofer.
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