Kleinparteien in Not

ANALYSE. Die Grünen laufen Gefahr, ihre Stammwählerschaft zu vergrämen. Dabei würden sie diese mehr denn je brauchen. 

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ANALYSE. Die Grünen laufen Gefahr, ihre Stammwählerschaft zu vergrämen. Dabei würden sie diese mehr denn je brauchen.

Die Wähler sind mobil geworden. Auch bei den Grünen kommen und gehen sie: Bei der Nationalratswahl 2013 konnte die Partei laut einer SORA-Analyse zwar 324.000 Wähler vom letzten Urnengang davor halten, das entsprach aber nicht einmal 60 Prozent der Stimmen, die sie insgesamt erreichte. Soll heißen: Fast die Hälfte sammelte sie quasi anderswo ein. 47.000 wechselten von der ÖVP zu ihr, 42.000 von der SPÖ und sogar 39.000 vom rechtspopulistischen BZÖ. Dazu kamen im Übrigen noch 85.000 aus den Reihen der Nichtwähler, Erstwähler und Kleinstparteien.

Bei der nächsten Nationalratswahl, die unter Umständen noch im heurigen Herbst stattfinden wird, werden die Grünen möglicherweise mehr denn je auf ihre Stammwähler angewiesen sein. Zugewinne aus anderen Lagern werden wohl schwer zu erzielen sein. Und das liegt nicht nur an der Fokussierung auf einen Kanzlerdreikampf zwischen Christian Kern, (aller Voraussicht nach) Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache. Es hat auch damit zu tun, dass etwa eine ÖVP mit einem Spitzenkandidaten Kurz eine andere ist als die ÖVP 2013 mit dem Spitzenkandidaten Michael Spindelegger; damals gab es für ehemalige Wähler der Partei wohl eher Gründe, sich eine neue politische Heimat zu suchen.

Wovon im Übrigen besonders auch die NEOS profitierten: Jeder vierte NEOS-Wähler kam 2013 von der ÖVP. Ohne sie wäre die Partei gar nicht in den Nationalrat gekommen. Höher war der Ex-ÖVP-Wähler-Anteil bei den NEOS im Übrigen noch bei der Wiener Gemeinderatswahl 2015. Aus nachvollziehbaren Gründen; die Volkspartei war dort noch schlechter aufgestellt als die Bundes-ÖVP zwei Jahre zuvor.

Das aber ist in logischer Konsequenz ein Riesenproblem für die NEOS: Geht’s der ÖVP gut, ist es schwer für sie, sich zu halten. Und mit einem Sebastian Kurz kann es einer ÖVP eigentlich nur gut gehen; zumindest vorübergehend. Das zeigt schon allein der Umstand, dass sich die politischen Mitbewerber kaum getrauen, den 30-Jährigen auch nur anzugreifen; zu angesehen ist er bei den Leuten.

Die Grünen haben immerhin das Glück, dass sie eine so große Stammwählerschaft haben, dass sie es auch mit dieser ins Hohe Haus schaffen würden. Umso mehr müssten sie sich um diese bemühen. Was wiederum zeigt, wie viel Selbstbeschädigungspotenzial die Konflikte mit dem eigenen Nachwuchs haben – zumal es dieser schafft, auch bei Nichtfunktionären Sympathien auf seine Seite zu ziehen.

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