Kickl ist weder Haider noch Strache

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ANALYSE. Die Freiheitlichen schaffen es nicht, über radikale Regierungsgegner hinaus zu wirken. Das lässt tief blicken.

Natürlich, Bundesparteiobmann der FPÖ ist noch immer Norbert Hofer. So selbstbewusst er vor fünf Jahren als Präsidentschaftskandidat aufgetreten ist, so verloren wirkt er in dieser Rolle jedoch. Wortführer und Gesicht der Partei ist Herbert Kickl. Doch auch er stößt an seine Grenzen und macht bei alledem das wahre Ausmaß der freiheitlichen Krise sichtbar.

Die Ausgangslage für ein Comeback nach der Ibiza-Affäre und all ihren Folgen wäre günstig für die Partei: Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat erstmals zu kämpfen. Die Vertrauenswerte des 34-Jährigen gehen seit geraumer Zeit zurück. Vor allem aber macht sich die Regierung mit notwendigen, zu wenig erklärten und vielleicht auch überflüssigen Maßnahmen mehr und mehr Zweifler, Kritiker und Gegner.

Die FPÖ könnte gut ein Drittel der Österreicherinnen und Österreicher mit ihrer Opposition zur Coronabekämpfung ansprechen, zumal die Sozialdemokraten unter Pamela Rendi-Wagner hier eher für Verschärfungen eintreten. Sehr viele Menschen sind aus ebenso unterschiedlichen Gründen dagegen, dass Lokale nicht offen sein dürfen, dass man Masken tragen muss etc. Nicht wenige meinen noch immer, dass die Pandemie nichts anderes als eine Grippewelle ist. Im Rahmen regelmäßiger Befragungen der Uni Wien fanden zuletzt immerhin 19 Prozent, dass die Beschränkungen „zu extrem“ und weitere 17 Prozent, dass sie „eher zu stark“ seien. So viele taten das noch nie seit Beginn der Pandemie.

Besonders für die ÖVP könnte ein wirkungsvolles Werben der Freiheitlichen um diese Leute gefährlich sein: Hier könnte Sebastian Kurz wieder Leute an die Partei verlieren, die er ihr in den vergangenen Jahren mit seiner Flüchtlingspolitik abgenommen hat. Herbert Kickl ist jedoch nicht Jörg Haider und auch nicht Heinz Christian-Strache: Im Unterschied zu diesen schafft er es nicht, Menschen außerhalb eines rechten Randes anzusprechen. Strache und mehr noch Haider sind damit erfolgreich gewesen, dass sie durchaus auch Vertreter einer erweiterten Mitte erreicht haben. „Recht hat er aber schon auch“, lautete gerade bei Haider eine gängige Floskel, wenn er etwa über Proporz und Privilegien herzog.

Man sollte jedoch nichts verklären: Letztlich haben es Strache und Haider nur geschafft, Wurzeln, Flecken und Flächen zu verbergen. Der tägliche Einzelfall mit deutschnationalen Burschenschaftern und anderen Gesinnungsfreunden, den es 2018/2019 unter Strache gegeben hat, spricht Bände. Dass er mit dem Vernebeln solcher Dinge erfolgreich sein könnte, ist auf eigenes Zutun, vor allem aber auch das der ÖVP zurückzuführen. Sie hat die FPÖ trotzdem in die Regierung einziehen lassen und bis Ibiza mehr oder weniger weggeschaut.

Insofern ist es bemerkenswert, dass ÖVP-Innenminister Karl Nehammer erst heute feststellen will, dass es „unheilige Allianzen mit Rechtsradikalen“ gebe. Womit wir wieder in der Gegenwart angelangt wären: Gerade weil die FPÖ mit ihrem Widerstand wieder zu einer ernstzunehmenden Herausforderung werden könnte für die Volkspartei, tritt Nehammer mit einer Konsequenz gegen sie auf wie nie zuvor: Er lässt eine Demonstration verbieten und tut das, indem er Kickl in eine Reihe mit übelsten Staatsgefährdern stellt. Andererseits lässt Kickl auch mit sich machen, schafft er es eben nicht, über radikale Regierungsgegner hinaus zu wirken.

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