ANALYSE. Wenn im Innenministerium wirklich aufgeräumt werden muss, haben Sobotka und Mikl-Leitner Erklärungsbedarf. Andernfalls ist Kickl selbst ein Ablösekandidat. So oder so ist es ein Koalitionsproblem.
So viel Gesprächsstoff kann Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) mit der berittenen Polizei gar nicht liefern, dass es von der Verfassungsschutz-Affäre ablenken würde. Und das hat jetzt nicht mehr damit zu tun, dass diese durch den parlamentarischen Untersuchungsausschuss eine besonders große Bühne erhält. Es ist vielmehr so, dass schon aufgrund der jüngsten Entwicklungen ein veritables Koalitionsproblem daraus geworden ist.
Erstens: Der Generalsekretär des Ministeriums, Peter Goldgruber, will laut einem profil-Bericht von Kickl den Auftrag bekommen haben, im Ressort „aufzuräumen“. Das habe er gegenüber der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erklärt bzw. sei es von einer Staatsanwältin genau so festgehalten worden: „Goldgruber: Er habe vom Minister den Auftrag, das BMI aufzuräumen. Er ist der Meinung, das BMI ist derzeit so korrupt wie noch nie, und die Hauptprotagonisten der kriminellen Organisation im BMI hätten es verstanden, die internen Strukturen so zu gestalten, dass sich die Macht in den Händen einiger weniger konzentriere.“
Geführt wurde das Ressort seit 2000 von einem ÖVP-Vertreter, einer ÖVP-Vertreterin, zuletzt von Sobotka und Mikl-Leitner.
Das ist ein schwerwiegender Vorwurf, der letzten Endes vor allem den Koalitionspartner belastet: Geführt wurde das Ressort seit dem Jahr 2000 von einem ÖVP-Vertreter, einer ÖVP-Vertreterin bzw. zuletzt vom heutigen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (2016/2017) und der nunmehrige Landeshauptfrau Niederösterreichs, Johanna Mikl-Leitner (bis 2016). Sie sollen demnach schwerwiegende Missstände zu verantworten haben.
Was man so nicht stehen lassen kann: Entweder lässt Kickl geradezu kriminelle Machenschaften behaupten, um das Ressort politisch umfärben zu können. Oder es ist wirklich etwas dran. In dem einen Fall wäre er ein Ablösekandidat. Im anderen Fall wird sich der Untersuchungsausschuss extra-ausführlich mit seinen Vorgängerinnen und Vorgängern auseinandersetzen müssen. Beides wäre eine Belastung für die schwarz-blaue Koalition, die ja nicht zuletzt mit dem Sicherheitsthema zu ihrer Mehrheit gekommen ist.
Auch der Justizminister gerät unter Zugzwang.
Zweitens: Justizminister Josef Moser (ÖVP) gerät unter Zugzwang. Laut „Kurier“ hat das Innenministerium in den vergangenen Monaten in der Verfassungsschutz-Affäre erheblichen Druck auf die Staatsanwaltschaft ausgeübt. Moser kann das nicht weiter einfach so nach außen hin schweigend zur Kenntnis nehmen. Er muss das vielmehr klarstellen und zurückweisen – sonst geht das Vertrauen in die unabhängige Justiz auch noch den Bach runter.
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