#Kern Falsch abgebogen

ANALYSE. Der SPÖ-Vorsitzende hat sich zunächst durch Strache und dann durch Kurz von seinem Weg abbringen lassen. Zurückzufinden ist nicht unmöglich, aber schwierig. 

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ANALYSE. Der SPÖ-Vorsitzende hat sich zunächst durch Strache und dann durch Kurz von seinem Weg abbringen lassen. Zurückzufinden ist nicht unmöglich, aber schwierig. 

Es gibt Dinge, die man zur Kenntnis nehmen muss. Zum Beispiel, dass das Thema „Flüchtlinge“ quasi Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz gehört: Wenn es darum geht, hat der ÖVP-Spitzenkandidat gewonnen. Und Punkt. Ihm messen die meisten Österreicher die größte Kompetenz und Glaubwürdigkeit in dieser Frage zu; die Positionen, die er dazu vertritt, sind simpel wie wirkungsvoll (Schließung der Mittelmeeroute, 2015 darf sich nicht wiederholen, etc.).

Diese Position hat sich Kurz erkämpft. Vor einem Jahr noch gehörte das Thema den Freiheitlichen. Daher war ihr Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer so erfolgreich. Und deshalb lagen sie auch in den Sonntagsfragen zu Nationalratswahlen so weit vorne.

Damals betrat Christian Kern mit einer klugen Botschaft die politische Bühne: Schon in seiner ersten Pressekonferenz, in der er im „Stützpunktzimmer“ des Parlaments eine freie Rede hielt, versuchte er zu vermitteln, dass es nicht nur um Flüchtlinge gehen kann. Auch in seinem Vortrag zum „Plan A“ im heurigen Jänner tat er das: Genauso wichtig sind demnach Wirtschaft, Jobs, etc. Andere Fragen halt.

Umso bemerkenswerter sind zwei Dinge:

Erstens, dass Kern dann trotzdem immer wieder Zugeständnisse gegenüber Strache und Kurz gemacht hat. Beziehungsweise, um es präziser zu formulieren, dass er ihre Themenhoheit dann doch immer wieder akzeptiert hat und ständig versucht hat, sich in der Flüchtlingspolitik ebenfalls ein bisschen zu profilieren. Was jedoch zumindest zwei verhängnisvolle Nebenwirkungen haben musste: Es bestätigte, dass Kurz (angeblich) richtig liegt; und es hielt das Thema am Köcheln.

Zweitens überrascht, dass Kern die wichtigen Fragen, die es daneben geben würde und die er auch wirklich angehen wollte, nicht konsequent verfolgt hat. Bis heute ist folglich nicht klar, wie er sich zum Beispiel die Schule von morgen vorstellt (ein Gratis-Tablet für jedes Kind wird’s ja nicht gewesen sein). Genauso wenig lässt sich sagen, was er sozial- und wirtschaftspolitisch möchte. Dazu gibt es immer nur Fragmente, aber keine Geschichte. Eben weil sich Kern nicht ganz darauf konzentrierte, daran zu arbeiten.

Zweieinhalb Monate vor der Wahl damit anzufangen ist spät. Es ist nicht unmöglich, zu einer solchen Geschichte zu kommen, aber schwierig. Vor allem, wenn man z.B. wirkungsvolle Themen wie die Pflege und eine Erbschaftssteuer durch die Abschaffung des Regresses aus der Hand gibt. Und wenn man nicht irgendwann bei einem einfach eingängigen Thema bleibt, das die innenpolitische Debatte früher oder später beherrschen muss und das den Österreichern endlich vermittelt, was man eigentlich will.

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