Keine Antwort auf Ibiza

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ANALYSE. Ausgerechnet bei der Parteienfinanzierung über Vereine wollen sich ÖVP und Grüne noch Zeit lassen. Drei Jahre sind nicht genug für eine Lösung.

Bei der Parteienfinanzierung gibt es immer wieder „Schritte in die richtige Richtung“, wie man so sagt, wenn man zum Ausdruck bringen möchte, dass zwar nicht nichts passiert, aber halt auch nicht alles Nötige. Vor zehn Jahren gab es ein Transparenzpaket mit vielen Lücken. Vor drei Jahren wurde infolge der Ibiza-Affäre eine Reform durchgeführt, die eine Spendenbegrenzung enthielt, die der ÖVP wehtat, sich aber nicht auf Vereine bezog, die der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) in dem Video angesprochen hatte. Zu Erinnerung: Einer vermeintlichen Oligarchin schilderte er, wie es möglich ist, Gelder über parteinahe Vereine fließen zu lassen, ohne sie veröffentlichen zu müssen.

Jetzt wird wieder einmal die Schaffung „gläserner Parteikassen“ versprochen. Diesmal von den Abgeordneten Andreas Ottenschläger (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne), die Schritte in die richtige Richtung für die Koalition fixiert haben mit Oppositionsvertretern. Es soll zu aussagekräftigeren Informationen über die finanziellen Verhältnisse kommen, nach einem Urnengang einen eigenen Bericht zu den Wahlkampfkosten geben und außerdem soll der Rechnungshof eine Möglichkeit erhalten, prüfend in die Bücher zu schauen. Das ist einiges.

Aber. Es gibt etwas Verstörendes. Aufgrund der Vorgeschichte (Stichwort Ibiza) handelt es sich um mehr als nur ein Haar in der Suppe. Zitat ORF.AT: „Bei parteinahen Vereinen will man sich noch Zeit lassen. Dieser Bereich sei komplex, seien doch schnell kleinere Vereine wie die Freiwillige Feuerwehr mit erfasst. Hier brauche es eine „praxistaugliche Lösung“ und keinen „Schnellschuss“, argumentierte Ottenschläger. Maurer pflichtete ihm bei. Auch die Opposition habe noch keinen rechtssicheren Vorschlag vorgelegt.“

Über drei Jahre nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos im Mai 2019 gibt es in Bezug auf Parteienfinanzierung also weiterhin keine Antwort darauf. „Schnellschuss“ und „praxistaugliche Lösung“ sind daher eher nur Ausreden. Auch wenn es wirklich schwierig ist. Wie hier berichtet, haben sich Sozialdemokraten an der geplanten Definition parteinaher Vereine gestoßen. Es hätte ausreichen sollen, wenn der Verein XY in seinen Statuten stehen hat, dass er die Partei XY unterstützt. Dann hätte sie diesen in ihrem Rechenschaftsbericht berücksichtigen müssen. Es ist in der Tat nicht ganz ausgeschlossen, dass sie gegen ihren Willen von einem Verein unterstützt wird. Andererseits ist es schwer vorstellbar und sollte es eine Möglichkeit geben, das zu regeln.

Zumal man davon ausgehen muss, dass es immer Parteien gibt, die Umgehungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen. Beispiel ÖVP bzw. der Seniorenbund, der einmal Teilorganisation und einmal Verein sind möchte bzw. jeweils das ist, was bei Coronahilfen und dergleichen attraktiver erscheint.

Zumindest diese Konstruktion ist immerhin aber so durchsichtig, dass der Rechnungshof nicht bereit ist, sie durchgehen zu lassen. In seinen Ausführungen zum ÖVP-Rechenschaftsbericht 2019 schreibt er, dass Teilorganisation und Verein als Einheit zu betrachten sind. Schließlich habe der Seniorenbund das in einer Aussendung im Juni 2021 selbst so dargestellt. Darin hieß es: „Mehr als nur ein Bund. Verein, Teilorganisaton und Interessensvertretung in einem.“ Nach Ansicht des Rechnungshofes müssten die Finanzen der Seniorenbund-Vereine in den ÖVP-Rechenschaftsbericht aufgenommen werden. Ob es wirklich dazu kommen muss, wird nun der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat entscheiden; bei ihm liegt die Sache.

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