Hier wird Demokratie beschädigt

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ANALYSE. In der SPÖ sind Zweifel am Ergebnis der Mitgliederbefragung über den Vorsitz gesät – mit weitreichenden Folgen.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wolle sich offensichtlich nicht in den Streit zwischen ihrem Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch und der Vorsitzenden der Wahlkommission Michaela Grubesa hineinziehen lassen, berichtet die APA. Sie gehe davon aus, dass jeder seine Rolle wahrnehme, habe sie auf einer Pressekonferenz erklärt: „Ich werde das nicht bewerten.“

Das nennt man Fortschreibung einer Realverfassung: Laut Statut der Sozialdemokratischen Partei Österreich wären Mitglieder verpflichtet, durch ihr Verhalten das Ansehen und die Politik der SPÖ zu fördern. Bei schwerwiegenden Zuwiderhandlungen sollte es eigentlich zum Ausschluss kommen. Aber das wird ja nicht mehr ernstgenommen.

Seit Jahren mobbt der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil Rendi-Wagner. Mittlerweile ist sie dazu übergegangen, ihm öffentlich parteischädigendes Verhalten vorzuwerfen. Und wer nun darüber hinaus wen mobbt, weiß man schon gar nicht mehr genau. Der Überblick darüber, was von Michael Ludwig, Doris Bures oder wem auch immer ausgeht oder nicht, ist verloren. Parteischädigendes Verhalten ist zur Regel geworden. Es ist Teil eines Verfalls.

Wer im Sinne möglichst starker Volks- bzw. Massenparteien in der Mitte gehofft hat, dass es durch die Mitgliederbefragung zu einem Klärungsprozess kommt in der SPÖ, muss mit einer Enttäuschung rechnen.

Der Vorsitzende der Wahlkommission, die sich um eine ordnungsgemäße Abwicklung der Befragung kümmern sollte, Harry Kopietz, ist aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten. Jetzt will seine Nachfolgerin, die steirische Landtagsabgeordnete und Doskozil-Unterstützerin Grubesa* die Kontrolle verstärken. Was der Rendi-Wagner-Vertraute Deutsch zu verhindern versucht. So hat er gerade ein Gutachten vorlegen lassen, wonach die Anonymität des Verfahrens nicht mehr gewährleistet sein könnte. Sprich: das Wahl- oder Befragungsgeheimnis.

Das lässt Schlimmes befürchten: Es ist unmöglich, zu erfassen, wer hier welches Spiel treibt. Im Ergebnis sind die Spiele nicht nur übel, sondern gefährlich. Es ist Misstrauen gesät. Ein unterlegener Kandidat oder seine Anhänger könnten sich hinterher darauf berufen. Vor ein paar Jahren hätte man gesagt, das kenne man aus Bananenrepubliken. Heute kann man auf die USA von Donald Trump verweisen.

Das kann niemandem egal sein, schon gar nicht der Gewinnerin, dem Gewinner der Mitgliederbefragung, die oder der dann in Wirklichkeit eine Verliererin, ein Verlierer ist: Im schlimmsten Fall wird es heißen, dass die Sozialdemokratische Partei nicht einmal mehr in den eigenen Reihen demokratische Prozesse zusammenbringe. Dass man ihr schon gar keine Regierungsverantwortung mehr anvertrauen dürfe. Es wird dann müßig sein, darauf hinzuweisen, dass ein Volkskanzler Herbert Kickl (FPÖ), der sich unter Verweis auf einen willkürlich festgestellten Wählerwillen selbst zu dem ermächtigt, was ihm gefällt, ungleich übler ist. Es mag das eine oder andere relativieren, kann aber nichts mehr gutmachen.

*In einer früheren Fassung wurde Grubesa nicht als steirische, sondern als burgenländische Landtagsabgeordnete bezeichnet. Das war ein Fehler.

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