ANALYSE. Freiheitliche bestimmen die Regierungspolitik weit über ihre Zuständigkeiten hinaus, besonders Medienminister Blümel und Umweltministerin Köstinger lassen sich berauben.
Medienminister Gernot Blümel steht ebenso blank da, wie Justizminister Josef Moser und Umweltministerin Elisabeth Köstinger: Die drei gehören der ÖVP an und lassen sich von Vertretern des Koalitionspartners FPÖ ziemlich unverfroren in ihre Zuständigkeiten hineinregieren. Mag sein, dass das von vornherein geplant war. Andererseits aber widerspricht es der Verantwortung, die sie nun einmal tragen. Und im Übrigen muss man sich schon fragen: Was bleibt unter diesen Umständen überhaupt noch von ihrem Job?
Doch eines nach dem anderen: Sehr viel spricht dafür, dass die Freiheitlichen sehr erfolgreich Politik in dem Sinne machen, dass sie ihre Klientel bei Laune halten. Im Unterschied zu den 2000er Jahren brechen ihre Umfragewerte diesmal nicht ein. Auch die Persönlichkeitswerte von Vizekanzler, Parteichef Heinz-Christian Strache und Co. sind vergleichsweise gut; besser jedenfalls, als die der meisten ÖVP-Regierungsmitglieder.
Das Erfolgsgeheimnis: Sich nicht darum scheren, was fürs Staatsganze vernünftig sein könnte, sondern ganz brutal fortsetzen, was sie bereits in Opposition gemacht haben. Politik nämlich gegen Fremde und das Establishment, Medien und „Funktionäre“ inklusive; sowie Politik für das, was sie unter „echten Österreichern“ verstehen, Autofahrer inklusive.
Selbst ein möglicher Vertrauensverlust in die Justiz kann Moser nicht aus der Ruhe bringen.
Wenn Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) beim BVT aufräumt, wie es seiner Partei gefällt, wird ihm das in der freiheitlichen Anhängerschaft kaum schaden. Im Gegenteil. Schaden tut es eher Justizminister Josef Moser (ÖVP). Immerhin verfestigt sich der Eindruck, dass sich Mitarbeiter seines Ressorts instrumentalisieren ließen; ohne ihre Hilfe wären zum Beispiel die Hausdurchsuchungen, noch dazu durch die Einheit zur Bekämpfung von Straßenkriminalität, nicht möglich gewesen. Umso bemerkenswerter, dass Moser all das zumindest nach außen hin mit größter Gelassenheit hinnimmt. Selbst der mögliche Vertrauensverlust in die Justiz, der damit einhergehen könnte, kann ihn nicht aus der Ruhe bringen.
Zur Marionette freiheitlicher Politik verkommt wiederum Köstinger als Umweltministerin.
Zur Marionette freiheitlicher Politik verkommt wiederum Elisabeth Köstinger (ÖVP) als Umweltministerin. Beispiel Tempo 140 auf Autobahnen: Da kann ihr eigenes Umweltbundesamt noch so warnen, dass das zu zusätzlichen Emissionen führe, da kann es noch so viel Nachholbedarf in puncto Klimaschutz geben, sie lässt Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) gewähren und dessen (offenbar) wichtigstes Projekt realisieren. Wobei die Antwort, E-Autos zu fördern, die Sache nicht besser macht; dürfen sie Busspuren mitbenützen, droht eher ein genereller Verkehrskollaps.
Doch zurück zu Klickl, den Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) auch noch eine Medienpolitik betreiben lässt, die über die Republik hinaus wahrgenommen wird. Überließ die Volkspartei schon im Frühjahr dessen Freiheitlichen bzw. dem Mann den ORF-Stiftungsratsvorsitz, der z.B. nicht korrekte Korrespondenten streichen möchte (Norbert Steger), so reitet der Klickl-Stab fast schon täglich gegen ihm unliebsame Medien im Allgemeinen und Journalisten im Besonderen aus; und zwar so heftig, dass selbst der sonst so wohlgesonnene IV-Präsident Georg Kapsch vor ungarischen Verhältnissen warnt.
… also müssen die Freiheitlichen offenbar tun dürfen, wie sie tun.
Schwer zu sagen, was schlimmer ist: Die Grenz- und Kompetenzüberschreitungen freiheitlicher Regierungsmitglieder oder das Verhalten ihrer ÖVP-Kollegen. Einfacher zu beantworten ist schon die Frage, was letztere dazu motivieren könnte: Erstens, dürfen Freiheitliche nicht so tun, wie sie tun, laufen sie Gefahr, wieder auf das Niveau einer Kleinpartei zurückzufallen und als Koalitionspartner auszuscheiden; zu viele Anhänger würden sie verlieren. Also müssen sie offenbar tun dürfen, wie sie tun. Zweitens, die Volkspartei ist ohnehin (fast) nur Sebastian Kurz; und gerade im EU-Vorsitzhalbjahr können ihm, auf internationalen Bühnen stehend, all diese Dinge kaum etwas anhaben. Beides sagt jedoch nichts Gutes über das Selbstverständnis der ÖVP-Minister aus.
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