Grüße von Kurz

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ANALYSE. Beim „Österreich-Plan“ gibt es ein Problem: So lange Sparmaßnahmen nicht schlüssig dargelegt werden, sind Entlastungsversprechen nicht ernst zu nehmen. Zu übel ist die Erfahrung mit derlei.

Es war einmal ein ÖVP-Obmann, der mit einem großen Entlastungspaket in eine Nationalratswahl zog. Genauer: Er gab ein solches vor. Und zwar mit dem Versprechen, bei der Steuer- und Abgabenquote Richtung 40 Prozent zu gehen. „Steuern senken, Sozialhilfe für Zuwanderer kürzen“, hieß eine Schlagzeile dazu. Finanziert werden sollte das Ganze nicht nur durch einen „Stopp der Zuwanderung ins Sozialsystem“ (1,5 Milliarden Euro), sondern auch durch eine Ausgabenbremse und durch „Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum“ (jeweils vier bis fünf Milliarden Euro). Und nicht zu vergessen: Eine Zusammenlegung von Sozialversicherungsträgern, die 0,7 Milliarden Euro bringen sollte. Ergebnis bekannt.

Der Politiker, der das alles vor sieben Jahren in Aussicht gestellt hat, war Sebastian Kurz. Heute weiß man: Es handelte sich um Überschriften und Phantasiezahlen. Es ging darum, Steuerzahler:innen, als die sich alle betrachten, zu umwerben. Es ging aber auch darum, ein besonderes Signal an Bürgerliche im Allgemeinen und Wirtschaftstreibende im Besonderen auszusenden. Das Ganze stand für einen schlanken Staat, Leistung und dergleichen. Summa summarum ist Kurz wahltechnisch erfolgreich gewesen mit alledem; zu viele sind ihm auf den Leim gegangen.

Jetzt kommt Karl Nehammer daher und legt es kaum anspruchsvoller an. Das ist ein echtes Problem: Hier geht es wieder einmal darum, dass es eine starke Mitte-Rechts-Partei geben sollte. Nicht zuletzt auch, weil Anhänger von Eigenverantwortung, Marktwirtschaft etc. ebenfalls Anspruch darauf haben, politisch vertreten zu werden. Wobei: Es gibt ohnehin Neos. Vielleicht geht es Nehammer nur noch darum, einem Anschein gerecht zu werden, in Wirklichkeit aber dieses Feld Neos zu überlassen und selbst einfach nur rechtspopulistisch zu sein bzw. sich in einen Wettbewerb mit der FPÖ zu begeben? Leitkultur, Autoland, Strafen für „Klimakleber“, Binnen-I-Verbot, Stopp der Zuwanderung ins Sozialsystem, Bezahlkarte für Asylwerber etc. sprechen dafür.

Der Punkt ist: Es gibt eine SPÖ, die redet nicht von Entlastungen, sondern einem starken Staat mit entsprechenden Sozialleistungen das Wort. Auch dieser Standpunkt muss besetzt werden. Auf der anderen Seite gibt es eine ÖVP, die von Entlastungen redet, aber nicht schlüssig darlegen mag, wie das alles finanziert werden soll. Das ist nicht ernst zu nehmen.

Ganz einfache Rechnung: Staatliche Sozialleistungen machen in Österreich ziemlich genau 30 Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Sie sind steuer- und beitragsfinanziert. Dazu kommen mit wachsender Tendenz Klimakrisenkosten (z.B. auch Strafzahlungen für die Verfehlung von Emissionszielen) und vor allem Ausgaben für die Sicherheit (Bundesheer).

Da reicht es nicht, zum Beispiel zu sagen, man wolle Subventionen kürzen. Welche? So ziemlich die größten direkten Förderungen fließen traditionell in die Landwirtschaft. Dort will Nehammer nichts ändern. Zitat „Österreich-Plan“: „Sicherstellung der GAP-Mittel für Österreich im Mehrjährigen Finanzrahmen der EU ab 2028 mit Abgeltung der Inflation und nationaler Kofinanzierung.“

Wer spürbar und nachhaltig entlasten will, wird nicht umhinkommen, zum Beispiel dafür zu sorgen: Eine Pensionsreform, die dazu führt, dass Pensionsausgaben weniger stark steigen als die Wirtschaftsleistung. Und eine Gesundheitssystemreform, die das Neben- und Gegeneinander von Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen auflöst. Geht nicht, tabu? Dann wird sich auch nie eine deutliche Senkung der Steuer- und Abgabenquote ausgehen.

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