Grüne in Not

ANALYSE. Warum sich die Partei mehr als alle anderen vor dem sogenannten Fallbeil-Prinzip fürchten muss. 

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ANALYSE. Warum sich die Partei mehr als alle anderen vor dem sogenannten Fallbeil-Prinzip fürchten muss.

Auf die Qualität von Meinungsumfragen könnte man jetzt wieder einmal lang und breit eingehen. Bedauerlicherweise wäre es jedoch zu müßig: Entscheidend ist die Dynamik, die von veröffentlichten Werten ausgeht. Dagegen kann man nicht viel machen. So tragisch es sein mag. Wenn zum Beispiel für die Grünen im Hinblick auf die Nationalratswahlen noch öfter nur vier Prozent ausgewiesen werden, wie dies im „Standard“ auf Basis einer „Market“-Erhebung gerade der Fall ist, dann müssen in der Partei alle Alarmglocken schrillen; dann könnte es am Ende sogar noch sehr schwierig werden, sich überhaupt noch im Hohen Haus zu halten.

Und das liegt nicht nur an der 4-Prozent-Hürde an sich, die die Ökopartei gerade noch bewältigen würde. Es geht vielmehr darum, dass sie mehr als alle anderen vom sogenannten Fallbeill-Effekt betroffen wäre. Und zwar aus vielen Gründen:

  • Die Grünen schaffen derzeit nicht einmal ein schlüssiges Angebot für eine nennenswerte Minderheit. Sie sprechen – auch in ihrer Kampagne – zu viele Themen auf einmal an.
  • Während es den Neos gelingt, gewichtige Sympathisanten aus wenigstens einem anderen Lager zu engagieren, ist das bei ihnen bisher nicht geschehen; sie haben weder einen Erhard Busek noch einen Ferry Maier noch einen Heinrich Neisser (allesamt ÖVP).
  • Die Grünen haben in der Vergangenheit zu einem guten Teil von enttäuschten Ex-SPÖ- und –ÖVP-Anhängern profitiert, die quasi zu ihnen übergelaufen sind. Das tun sie jedoch nur noch, wenn SPÖ und ÖVP eher unattraktiv sind.
  • Umgekehrt gilt, dass viele ihrer Wähler auch woandershin verschwinden könnten. Schon bei der Nationalratswahl 2013 hatten laut GfK-Befragung ganze 35 Prozent im Wahlkampf erwogen, die SPÖ zu unterstützen.
  • Eine Folge davon ist bekannt: Gelingt es der SPÖ, durch eine Warnung vor Schwarz-Blau oder was auch immer, zu mobilisieren, schaut es für die Grünen denkbar schlecht aus. Bei der Wiener Gemeinderatswahl 2015 hat ihnen das sogar Verluste beschert.
  • Die ÖVP kann mit Sebastian Kurz zurzeit davon ausgehen, zuzulegen. Von ihren bisherigen Wählern wird sie eher wenige verlieren; und diesen haben bisher allein die Neos ein Angebot gemacht. 
  • 2013 gab es laut GfK-Wahltagsbefragung vor allem zwei Gründe, die Grünen zu unterstützen: Umweltschutz und Kampf gegen Korruption. Diesmal könnte beides im Hintergrund stehen. Zum einen, weil sich vor allem eine Kanzlerfrage abzeichnet; und zum anderen, weil sich Peter Pilz, der größte Korruptionsbekämpfer der Partei, verabschiedet und verselbstständigt hat.
  • Wenn es letzten Endes wirklich nur noch um die Kanzler- und Koalitionsfrage geht, dann drohen die Grünen keine entscheidende Rolle mehr zu spielen: Dann geht es um Christian Kern oder Sebastian Kurz, also SPÖ oder ÖVP; oder Schwarz-Blau oder Rot-Blau oder Schwarz-Blau.
  • Die verbleibende Chance der Grünen bei einer solchen Dynamik wäre theoretisch, eine Art Gewährleistung anbieten zu können, die einzige Partei zu sein, die den Freiheitlichen nie zu einer Regierungsbeteiligung verhelfen würde. Das würde praktisch aber eher wirken, wenn die FPÖ Aussichten auf Platz eins (und nicht nur zwei oder drei) hätte; und vor allem, wenn man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen könnte, dass sie selbst im Hohen Haus bleibt – womit wir wieder bei der für sie katastrophalen Wirkung von Umfragewerten um die vier Prozent wären.

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