Eurofighter: ÖVP-Doppel

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ANALYSE. Die Volkspartei trägt Verantwortung für den Beschaffungsvorgang und die geschwächte Justiz.

Fast jeden Tag gibt es einen neuen Anlass, sich zu wundern. Jüngstes Beispiel: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigt sich im ORF-Report verärgert darüber, dass die Justiz nicht zügiger ermittelt. Ganz allgemein habe er das ja eben erst kritisiert. Genau das sei nun so ein konkreter Fall. In anderen Staaten sei das viel schneller gegangen. Die Erklärung dafür ist ziemlich kompliziert. Sie hat aber auch mit der ÖVP zu tun.

Wo soll man anfangen? Am besten 2002, 2003: Unter dem damaligen ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ist der Beschluss gefasst worden, die Eurofighter zu beschaffen. Klar, Verteidigungsminister war damals ein Freiheitlicher (Herbert Scheibner), zumindest in die begleitenden Gegengeschäfte direkt involviert war jedoch ein schwarzer Wirtschaftsminister. Und überhaupt: Es hätte auch im Interesse der ÖVP sein müssen, zu gewährleisten, dass alles sauber läuft. Schon allein, weil sie der Beschaffung zugestimmt hat. Wirklich gekümmert hat sie sich jedoch ganz offensichtlich nicht darum.

Auf einen blauen Verteidigungsminister folgte 2007 ein roter (Norbert Darabos) und dieser ließ sich mit dem Eurofighter-Hersteller wiederum auf einen viel kritisierten Vergleich ein. Laut „Standard“ gab es dabei auch einen „Nebenpunkt“, wonach man davon ausging, dass ein laufender parlamentarischer Untersuchungsausschuss beendet wird. Was dann auch tatsächlich geschah; und zwar nicht nur mit den Stimmen der SPÖ-, sondern auch der ÖVP-Abgeordneten, obwohl die seinerzeitigen Oppositionsparteien noch Aufklärungsbedarf geortet hätten.

Das ist das eine. Das andere: Vielleicht sollte Sebastian Kurz einmal ein ausführlicheres Gespräch mit dem Leiter der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, führen. Er hat erst vor wenigen Tagen bestätigt, dass in der gesamten Affäre immer nur das aufkommt, was sich nicht mehr unterdrücken lässt; und dass die schleppende Aufklärung wohl darauf zurückzuführen ist, dass Nutznießer des Deals ein Interesse daran haben, dass möglichst viel unter dem Teppich bleibt. (Um wen genau es sich handeln könnte, sagte Peschorn nicht dazu.)

Im Übrigen sollte Kurz wissen, warum sich die Justiz schwertut: Schon seit mehreren Jahren befindet sich das Ressort unter der Führung eines Vertreters seiner Partei. Er (oder sie) hat jedoch nur Mängelverwaltung betrieben. Mit der Eurofighter-Geschichte war lediglich ein einziger Staatsanwalt betraut.

Auf die Mängel im System hat nicht erst Übergangs-Justizminister Clemens Jabloner hingewiesen, als er vor einem stillen Tod der Justiz warnte. Schon Kurz‘ ehemaliger Ressortchef Josef Moser hat vergeblich höhere Mittel gefordert, um die volle Funktionsfähigkeit der Justiz zu gewährleisten. Wobei er eben weder beim damaligen ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger noch bei Kurz persönlich Gehör fand.

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