EU-Wahl: Umfragen zum Krenreiben

ANALYSE. Das Europäische Parlament hat für Österreich die Werte einer Onlinebefragung übernommen, die mehrfach überholt ist. Und überhaupt. 

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ANALYSE. Das Europäische Parlament* hat für Österreich die Werte einer Onlinebefragung übernommen, die mehrfach überholt ist. Und überhaupt.

Wer wissen will, wie die EU-Wahl Ende Mai in Österreich ausgehen wird, hat ein Problem; vorab wird ihm das niemand sagen können. Wahlkämpfe entwickeln unvorhersehbare Dynamiken, die letzten Endes entscheidend sind. Umfragen, die vor dem Wahlkampfstart durchgeführt und dann auch noch zeitversetzt veröffentlicht werden, sind wiederum nicht einmal Momentaufnahmen, sondern überhaupt zum Krenreiben.

Von 17. Jänner bis 23. Jänner führte das Meinungsforschungsinstitut „Research Affairs“ eine Online-Umfrage zur EU-Wahl durch. Aus 1002 Interviews errechnete es folgendes Ergebnis: 27 Prozent ÖVP, 26 Prozent SPÖ, 22 Prozent FPÖ, neun Prozent Neos, acht Prozent Grüne und drei Prozent Jetzt.

Schon zum Zeitpunkt der Veröffentlichung taugten diese Werte nur bedingt: Genau mitten im Befragungszeitraum, am 19. Jänner, wurde bekannt, wer die ÖVP in die Wahl führen wird: Othmar Karas und Innenstaatssekretärin Karoline Edtstadler. Wie sich das auf die Einstellung der Wähler auswirkte, lässt sich nicht sagen; mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist das jedoch nicht ohne Folgen geblieben. Bei der Pilz-Liste-Jetzt war indes noch gar nichts klar. Dass Johannes Voggenhuber als Spitzenkandidat antritt, wurde erst am 3. Februar bekannt. Auch hier sind die Folgen nicht abschätzbar; allein schon, dass durch Voggenhuber erst fix war, dass die Liste überhaupt antritt, könnte im einen oder anderen Fall zu einem Umdenken geführt haben.

Und so weiter und so fort: Bemerkenswert ist, dass das Europäische Parlament* nun ein großes Stimmungsbild zur EU-Wahl veröffentlicht hat. Es setzt sich aus Umfragen aus allen Mitgliedstaaten zusammen – und aus Österreich eben jener, die die Tageszeitung „Österreich“ im Jänner erstellen ließ. Sprich: Zumindest für Österreich sind die Daten überholt. Es wäre Zufall, wären sie heute noch immer identisch. Davon ausgehen kann man jedoch nicht.

Und überhaupt: In den nächsten drei Monaten bis zum Urnengang wird sehr viel passieren. Es wird sich möglicherweise ein Thema herauskristallisieren, das wie die Flüchtlingskrise bei der Nationalratswahl 2017 entscheidend ist; damals ging es darum, wer sich wie dazu positioniert. Und es werden die Spitzenkandidaten aufeinandertreffen, sodass sich die Masse erst ein Bild von ihnen machen kann; selbst Andreas Schieder von der Mittelpartei SPÖ wird aufgrund seiner bisherigen Unauffälligkeit außerhalb Wiens zurzeit beispielsweise eher nur Insidern ein Begriff sein.

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*Korrektur: Ursprünglich stand an dieser Stelle, die Europäische Kommission habe die Umfrage zusammen mit dem Eurobaromter veröffentlicht. Tatsächlich wurde die Umfrage jedoch vom Europäischen Parlament als Prognose zur EU-Wahl verbreitet. 

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