Es muss etwas geschehen

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BERICHT. Aus heiterem Himmel ändern sich Stimmungslagen vor einer Nationalratswahl nicht. Möglich ist jedoch sehr viel. Das zeigt ein kleiner Blick zurück.

Ist die Nationalratswahl 2024 schon entschieden? Woher. Andererseits: Im Moment spricht nichts dagegen, dass die FPÖ auf Platz eins landen wird. Begründung: Bei Wählern, die sich bei Umfragen deklarieren, liegt sie mit deutlich mehr als 20 Prozent weit vor SPÖ und ÖVP, die auf deutlich weniger als 20 Prozent kommen. Hochgeschätzt erreicht die Partei von Herbert Kickl rund 30 Prozent. Das ist der Wert, der in der Regel ausgewiesen wird.

Umgekehrt kann man nicht davon ausgehen, dass es zum Beispiel Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) gelingen könnte, durch eine große Rede die Stimmung zu kippen. Das wäre nach dem, was von seinen bisherigen Versuchen übrig geblieben ist („Rede zur Lage der Nation“, „Normalitäts“-Debatte, Vorstoß zur Verankerung von Bargeld in der Verfassung) eine Überraschung.

Wirft man einen Blick zurück auf die vergangenen drei Nationalratswahlen und vergleicht die Ergebnisse mit Umfragewerten ein halbes Jahr davor, stellt man fest, dass es eigentlich sehr oft zu größeren Veränderungen gekommen ist. Entweder, weil es einer Partei gelungen ist, quasi eine Welle zu ihren Gunsten auszulösen oder weil sich eine Partei buchstäblich selbst zerlegt hat. Einfach so ist es nie passiert. Banale Erkenntnis: Es muss schon etwas geschehen, damit es das tut.

2013 gab es gegenüber einer „profil“-Umfrage zwei markante Abweichungen: Neos waren in einer „profil“-Aussendung zur Erhebung nicht einmal erwähnt worden. Unter Führung von Matthias Strolz schafften sie schließlich jedoch mit fünf Prozent den Sprung ins Hohe Haus. Dem Team Stronach gelang dies mit einem ähnlichen Stimmenanteil ebenfalls. In der Umfrage war es jedoch noch bei zehn Prozent gelegen. Das vergleichsweise magere Ergebnis war nachvollziehbar: Parteigründer Frank Stronach beschädigte sich selbst; etwa, indem er sich für die Todesstrafe für Berufskiller aussprach.

Extrem waren die Veränderungen im halben Jahr vor der Nationalratswahl 2017: Mit der Übernahme der ÖVP durch Sebastian Kurz hob diese ab. Ursprünglich war sie im Durchschnitt der Umfragen laut „Poll of Polls“ von „Politico“ bei 19 Prozent gelegen. Beim Urnengang erreichte sie 32 Prozent. Sechs Monate davor lagt sie bei 24. Die Grünen hielten da noch zehn Prozent – flogen schließlich aber aus dem Hohen Haus. Eva Glawischnig-Rücktritt und Peter Pilz-Verselbstständigung mit einer eigenen Liste trugen dazu bei. Die Liste kam auf 4,4 Prozent und somit zu Mandaten. Absehbar war das ein halbes Jahr davor noch nicht gewesen. Außerdem auffallend: Die Kurz-ÖVP bescherte vor allem Freiheitlichen schlechtere Werte.

Im März 2019 wiederum schien die türkis-blaue Regierung auf Dauer angelegt zu sein. Dann kam jedoch Ibiza und veränderte alles. Kurz kündigte die Koalition auf, erntete zwar ein Misstrauensvotum durch den Nationalrat, triumphierte schließlich aber. Gegenüber den Umfragen vom März abgestürzt sind die Freiheitlichen, auf niedrigerem Niveau gelandet aber auch die Sozialdemokraten.

Wobei ihnen nicht so sehr die ÖVP zusetzte, sondern die Grünen: Diese holten Wähler wieder zurück und erreichten mit rund 14 Prozent ein Plus von rund zehn Prozentpunkten. In den Umfragen vom März waren Werner Kogler und Co. laut „Politico“ noch bei fünf Prozent gelegen.

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