Dreiviertel-SPÖ

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ANALYSE. So lange Rendi-Wagner ihren Konflikt mit Doskozil so offen sucht, ohne zur letzten Konsequenz schreiten zu können, bleibt die Partei unter ihren Möglichkeiten.

Für (mäßige) Unterhaltung ist gesorgt: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) unterstellt, den nunmehrigen FPÖ-Obmann Herbert Kick imitieren zu wollen. Wie dieser seinen Vorgänger Norbert Hofer gemobbt habe, versucht er es demnach nun mit ihr. Sie aber werde „dieser destruktiven Art keinen Millimeter weichen“. Doskozil hatte den Zustand der Partei zuvor mit dem der ÖVP von Reinhold Mitterlehner verglichen.

Man kann sich wundern: Worauf will sie hinaus? Sie lässt etwas eskalieren, was der Partei schon lange zu schaffen macht und wofür sie im konkreten Fall bzw. in letzter Konsequenz auch keine befriedigende Lösung erzwingen kann: Parteiausschluss von Doskozil, Sprechverbot? Undenkbar, zumal der Burgenländer das kaum mir nichts, dir nichts hinnehmen würde, könnte beides zu einer Spaltung führen.

Spätestens seit der Ablöse von Werner Faymann ist es vorbei mit der Geschlossenheit, wie sie einst kennzeichnend war für die SPÖ. Schon dessen unmittelbarer Nachfolger Christian Kern hat es verabsäumt, einen Konflikt zu klären. Faymann-Anhänger blieben nicht nur, sondern waren auf Rache aus. Sie wollten Kern scheitern sehen. Letztlich haben sie es geschafft.

Rendi-Wagner löst nun wiederum ihren Konflikt mit Doskozil nicht nur nicht, sondern trägt ihn öffentlich aus. Wobei bemerkenswert ist, wie unbeteiligt, um nicht zu sagen desinteressiert, mächtige Genossen von Gewerkschaftern bis zum Wiener Bürgermeister Michael Ludwig wirken. Man könnte meinen, es sei ihnen egal.

Dabei schwächt dieser Zustand die SPÖ insgesamt: Sie ist eher nur eine Dreiviertelpartei. Das kommt in den 75 Prozent zum Ausdruck, mit denen Rendi-Wagner auf dem Parteitag im Amt bestätigt wurde; da fehlte ein Viertel für sie, aber auch die Schlagkraft der SPÖ.

Das macht sich auch in den Umfragewerten bemerkbar: Die SPÖ liegt – in der aktuellen „Sonntagsfrage“ des Wochenmagazins „profil“ – mit 22 Prozent nur knapp über ihrem historisch schlechtesten Wahlergebnis von 2019 (21,2 Prozent). Mehr noch als aufgrund der türkisen Affären könnte ihr dies aufgrund die Schwierigkeiten zu denken geben, die die Grünen als Regierungspartei haben. Diese sind in der Kontrolle ebenso gehemmt, wie sie in Asylfragen Dinge akzeptieren müssen, die ihnen widerstreben. Von der Papierform her könnte es enttäuschte Grünen-Wähler unter diesen Umständen zur SPÖ zurückziehen. Das geschieht jedoch nicht. Die einzige Partei, die zuletzt deutlich gewonnen hat, ist Neos; sie liegt mit zwölf Prozent um die Hälfte über ihrem Wahlergebnis (8,1 Prozent).

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