Der Stehaufkanzler: Faymann ist wieder obenauf

ANALYSE. Wenn der SPÖ-Vorsitzende bei der Steuerreform eine Strategie verfolgt hat, hat sie niemand durchschaut. Vor allem die Volkspartei nicht.

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ANALYSE. Wenn der SPÖ-Vorsitzende bei der Steuerreform eine Strategie verfolgt hat, hat sie niemand durchschaut. Vor allem die Volkspartei nicht. 

Die Sozialdemokratie jubelt über das Verhandlungsergebnis, das Bundeskanzler Werner Faymann zur Steuerreform nach Hause gebracht hat: Vor einer Woche noch hätte das niemand geglaubt. Da schienen seine Tage als Parteivorsitzender viel eher gezählt zu sein: Vermögenssteuer? Keine Spur. Erbschafts- und Schenkungssteuer? Woher. So gut wie nichts würde von den ursprünglichen Forderungen übrig bleiben, so die Analyse. Die ÖVP, die unter ihrem neuen Bundesobmann Reinhold Mitterlehner zu altem Selbstbewusstsein gelangt war, würde alles verhindern.

Doch heute ist alles anders. Werner Faymann wird in den eigenen Reihen gefeiert: „Wir haben es geschafft!“, jubelt die SPÖ-dominierte Gewerkschaft: „Die Lohnsteuersenkung kommt!“ Auch Arbeiterkämmerer und – so zumindest die Außenwahrnehmung – überhaupt alle Sozialdemokraten vom Boden- bis zum Neusiedlersee sind euphorisch. Obwohl wirklich keine Vermögens-, geschweige denn Erbschaftssteuer zustande gekommen ist. Nur die Entlastung der Lohnsteuerzahler ist fix – doch sie wird über alle verfügbaren Kanälen der roten Hemisphäre hinausposaunt. Womit im Übrigen ganz neben auch alle widerlegt werden, die schon geglaubt haben, die SPÖ sei nicht mehr kampagnenfähig. Sie ist es.

Auf der anderen Seite die ÖVP: Vergangenen Mittwoch posierte Reinhold Mitterlehner noch auf einem Filmabend in Cowboy-Stiefeln neben einer Django-Darstellung. Sechs Tage später demonstrieren Gastronomen auf dem Ballhausplatz: “Django, spiel mir das Lied vom Wirtetod!“

Ja, das Blatt hat sich gewendet: Die ÖVP hat bei der Steuerreform nichts Greifbares durchgebracht. Stattdessen weist sie einerseits über ihre Bünde darauf hin, dass sie „Vermögens- und Substanzsteuern erfolgreich abgewehrt“ habe. Und ist andererseits jedoch damit beschäftigt, parteiinternem Unmut über das, was im Paket doch noch alles drinnen ist, zu begegnen. „Ich kämpfe bis zur letzten Patrone gegen so einen Unsinn an“, schäumte Wirtschaftsbund- und Kammerpräsident Christoph Leitl angesichts der Registrierkassenpflicht. Touristiker empören sich wiederum über die Mehrwertsteuer-Erhöhung. Andere Leistungsträger wundern sich darüber, dass die steuerliche Förderung freiwilliger Pensionsversicherungen gestrichen werden soll: War da nicht immer von der dritten Säule die Rede? Und dann ist da noch die breite Mittelschicht, die sich über die Erhöhung der Grunderwerbsteuer bei Erbschaften und Schenkungen wundert: Vor einem Jahr hatte die ÖVP eine solche noch verhindert und erklärt, damit eine „Vermögenssteuer durch die Hintertür“ abgeblockt zu haben.

Wie auch immer: Faymann kann sich freuen. Er ist wieder obenauf. Wie er das geschafft hat? Ganz einfach: Er hat 200 Prozent gefordert und 100 Prozent erreicht. Also verlangt, Reiche zu belasten und Arbeitnehmer zu entlasten. Durchgekommen ist er mit letzterem. Und das ist seinen Genossen offenbar mehr als genug.

Dass der Koalitionspartner ihn dann noch so beschenken würde, konnte er dagegen nicht im Ernst erwarten: Mitterlehner, aber auch Finanzminister Hans Jörg Schelling haben sich ganz drauf beschränkt, das zu tun, was ÖVP-Politiker schon zu lange machen: Einfach nur abwehren. In diesem Fall war es eine Vermögenssteuer. Wobei sie so sehr darauf versteift waren, dass sie ganz offensichtlich übersehen haben, einen zu hohen Preis dafür zu bezahlen – also von der Registrierkassenpflicht über die USt bis zur Grunderwerbsteuer Dinge zuzulassen, die eigene Parteifreunde zur Weißglut treiben.

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