Bananenrepublik

Gastkommentar von Johannes Huber auf VIENNA.AT. Die Verstöße bei der Bundespräsidenten-Wahl müssen Folgen haben. Eine Wiederholung würde nach dem, was bisher vorliegt, jedoch viel zu weit gehen.

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Gastkommentar von Johannes Huber auf VIENNA.AT. Die Verstöße bei der Bundespräsidenten-Wahl müssen Folgen haben. Eine Wiederholung würde nach dem, was bisher vorliegt, jedoch viel zu weit gehen.

Ehe sich die Verfassungsrichter zu ihren öffentlichen Beratungen über die Bundespräsidenten-Stichwahl ab dem kommenden Montag zusammensetzen, glauben die ersten Insider und Experten zu wissen, dass der Urnengang widerholt werden muss. Als hätten sie den Entscheidungstext bereits vor sich liegen. Was natürlich unmöglich ist. Also sollte man ihnen auch nicht auf den Leim gehen. Zumal es sich sehr wahrscheinlich um dieselben Leute handelt, die hinterher, wenn alles anders kommt, erklären, warum das immer schon so absehbar war.

Außerdem vernebelt die Wahlanfechtungshysterie den Blick auf das Wesentliche: Wurde durch die mehr oder weniger großen Vergehen, die FPÖ-Anwalt Dieter Böhmdorfer in seiner 152 Seiten starken Begründung auflistet, das Ergebnis manipuliert? Im Zweifelsfall kann allein diese Frage maßgebend sein: Wurden Stimmen beispielsweise nicht gezählt? Oder: Wurden vor dem Wahlschluss erste Zwischenstände veröffentlicht, sodass der eine oder andere in seinem Wahlverhalten beeinträchtigt wurde? Anders ausgedrückt: Ist das allgemeine, freie, geheime, persönliche und gleiche Wahlrecht in irgendeiner Form verletzt worden? Ist das Auszählungsergebnis falsch?

Wenn es da auch nur irgendeinen Missstand gibt, dann muss die Stichwahl zwischen Norbert Hofer (FPÖ) und Alexander Van der Bellen (Grüne) wiederholt werden. Sonst nicht. Also gibt es nach dem heutigen Informationsstand keinen Grund, die Österreicherinnen und Österreicher noch einmal zu den Urnen zu rufen.

Trotzdem kann man den Freiheitlichen nicht unterstellen, sie hätten mit ihrer Anfechtung eine Bananenrepublik geschaffen, wie Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) das diese Woche in einem Interview getan hat. Denn immerhin zeigen sie mit Hilfe von Dieter Böhmdorfer unzählige Missstände rund um die Bundespräsidenten-Wahl auf, die den schlimmen Eindruck erwecken müssen, dass es diese Bananenrepublik längst gibt.

Wenn Wahlkarten zu früh aufgerissen und gezählt werden; wenn dabei auch noch Personen am Werk sind, die gar nicht befugt dazu sind; wenn summa summarum also Dutzende, wenn nicht Hunderte auf alle Bestimmungen pfeifen, dann muss man feststellen, dass das zuständige Innenministerium zu einer ordentlichen Wahlabwicklung ganz offensichtlich nicht fähig ist. Und das ist so schwerwiegend, dass das zumindest nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss schreit.

Umso bemerkenswerter ist, dass – mit Ausnahme von Freiheitlichen – noch kein Politiker daran gedacht hat, ernsthafte Konsequenzen zu fordern: Egal ist das, was da passiert ist, nämlich nicht; im Gegenteil. Auch wenn das veröffentlichte Wahlergebnis dem tatsächlichen entsprechen dürfte, es für die Höchstrichter also keinen Anlass geben sollte, den gesamten Wahlgang in Frage zu stellen, muss für die Zukunft sichergestellt werden, dass Vorschriften auf Punkt und Beistrich eingehalten werden. Schließlich geht es hier um nichts weniger als das Herzstück der Demokratie: Wahlen.

> Dieser Beitrag ist zunächst auf VIENNA.AT erschienen.

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