Babler wird erledigt

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ANALYSE. Bei Boulevardzeitungen ist der SPÖ-Vorsitzende schon bisher unten durch gewesen. Jetzt nehmen sie sich ihn als Medienminister vor. Das ist ernster. Es geht um Existenzielles.

So freundlich der Boulevard einst Sebastian Kurz (ÖVP) behandelt hat, so sehr macht er Andreas Babler (SPÖ) von allem Anfang an nieder. Wie hier oder auch hier ausgeführt. Es ist nur eine Behauptung, die wohl nie bestätigt werden würde, ausschlaggebend dafür ist jedoch, dass er als Anti-Establishment-Mann angetreten ist, sich für Vermögenssteuern und gegen eine harte Migrationspolitik ausspricht. Und dass er keine Wahlerfolge erzielt. Das macht ihn noch unattraktiver.

Was bisher war, war jedoch nur ein Vorspiel. Jetzt wird es wirklich ernst für ihn. Als Medienminister werde er „höchstpersönlich zum Totengräber der heimischen Medien-Szene“, schreibt „Österreich – oe24“. „Heute“ behauptet, er blamiere sich bei den Medien, weil er, seit sieben Monaten im Amt, keine Reform auf den Weg gebracht habe.

Umgekehrt wäre es genauso daneben, so zu tun, als habe er Medien, die in Summe zu kämpfen haben wie noch nie und Personal abbauen müssen, auch nur signalisiert, dass er die Probleme sieht, die ja auch Qualitätszeitungen betreffen.

„Österreich“ etwa hat jedoch klar zum Ausdruck gebracht, worum es dem Boulevard geht; nämlich darum, dass die Regierung Werbe-, also Inseratengelder abdrehe. Sie waren bisher alles in allem ungleich höher als Förderungen und machten gemeinsam mit diesen erhebliche Umsatzanteile aus.

In der Studie „Scheinbar transparent II“ schrieb das Medienhaus Wien 2021 für das Jahr davor von fünf bis zehn Prozent im Falle von Regionalverlagen mit ebensolchen Tageszeitungen. Bei „Standard“ und „Presse“ waren es mehr, am meisten waren es jedoch bei Verlagen mit Gratisblättern: Bei der Mediengruppe „Österreich/oe24“ und bei AHV mit „Heute“ habe es sich um 20 bis 40 Prozent gehandelt. Für diese habe „dies ein besonders hohes Maß an Abhängigkeit von öffentlichen Mitteln, besonders auch von Inseraten von Regierungsstellen in Bund und Ländern“ bedeutet.

Auch wenn man berücksichtigt, dass es im ersten Coronajahr sehr, sehr viele Regierungsinserate gab, hat sich an der Sache kaum etwas geändert: Gratisblätter finanzieren sich (gar) nicht durch Abos, sondern ausschließlich durch Werbung. Bei dieser wiederum spielten in der Vergangenheit unter anderem Schaltungen von Ministerien eine bedeutende Rolle; und umso verhängnisvoller ist es nun, dass nicht nur sie ausbleiben, sondern der Werbemarkt insgesamt einbricht.

Selbst wenn Babler wollte, könnte er das schwer drehen. Er ist aber der, an dem sich Blätter, für die es um Existenzielles geht, abarbeiten. Und für den das auch insofern ernst zu nehmen ist, als er sich eine „schlechte Presse“ in einem solchen Ausmaß nicht leisten kann: Er hat keine Gegenöffentlichkeit zu seinen Gunsten, die das aufhebt. Genauso wenig wie er über Rückhalt in den eigenen Reihen verfügt. Für seine Gegner ebendort ist das alles eher eine Bestätigung, dass er’s nicht könne.

Dories Bures, die 3. Nationalratspräsidentin, meint angesichts übler Umfragewerte von 17 bis 19 Prozent für die SPÖ, dass man nicht zur Tagesordnung übergehen könne. Wie Hans Peter Doskozil (Burgenland) oder auch Max Lercher (Steiermark) zu ihm stehen, ist bekannt. Bemerkenswerter ist, dass ihm ausgerechnet der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig, der ihm zur Verhinderung von Doskozil zum Vorsitz verholfen hat, via „Krone“ ausrichtet, dass er zugunsten der Medien in die Gänge kommen solle – obwohl er hier aus Sicht des Boulevards eigentlich nur verlieren kann.

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