Atempause für die Demokratie

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ANALYSE. Die neue Regierung sieht zumindest von verhängnisvollen Plänen zum Ausbau der direkten Demokratie ab, die eher nur im Sinne von Strache und Hofer gewesen wären.

Bemerkenswert kann auch sein, was nicht im türkis-grünen Regierungsprogramm steht. Zum Beispiel ein Ausbau der direkten Demokratie, wie er einst von Sebastian Kurz (ÖVP) gefordert worden ist und wie er von den Freiheitlichen nach wie vor verlangt wird. So wie das im türkis-blauen Regierungsprogramm angelegt war, kann man nur froh darüber sein, dass davon keine Rede mehr ist.

Die Freiheitlichen haben erst im November einen neuen Antrag dazu eingebracht auf parlamentarischer Ebene. Inhalt: „Volksbegehren, die von zumindest 4 Prozent der Stimmberechtigten zu einer Nationalratswahl unterstützt werden, aber nicht binnen Jahresfrist vom Nationalrat, beziehungsweise Bundesrat, umgesetzt worden sind, sind einer verpflichtenden Volksabstimmung zu unterziehen.“

Das klingt zunächst nicht schlecht. Das Problem ist jedoch dies: Direkte Demokratie erfordert eine gewisse Kultur mit verantwortungsbewussten Playern. Und daran hapert es: Parteien haben in Österreich eine zu diskursbestimmende Rolle; gegen sie kann schwer etwas aufkommen.

Und wenn einmal etwas kommt vom Volk, wird es willkürlich ausgelegt. Siehe FPÖ: Das Don’t-Smoke-Volksbegehren mit ganzen 882.000 Unterschriften hat sie nicht einmal ignoriert, während sie beim Begehren gegen „ORF-Zwangsgebühren“ bei lediglich 320.000 Unterschriften von einem „eindeutigen Signal“ sprach. Logik? Keine, weil eben reine Willkür.

Direkte Demokratie würde unter diesen Umständen zu einem bloßen Mobilisierungsinstrument verkommen, das von Parteien eingesetzt wird, wie es ihnen gefällt. Sie würden irgendein Thema, das polarisiert, zum allergrößten Problem erklären und die Leute in ihrem Sinne darüber abstimmen lassen. Die Möglichkeiten dazu hätten sie, nicht zuletzt dank weltmeisterlicher Subventionen aus Steuermitteln. Das Parlament könnte unter diesen Umständen zusperren. Ja, weil naturgemäß auch Verfassungsfragen zur Disposition gestellt werden würden, würde auch das Höchstgericht entmachtet werden – und zwar eben immer nach Lust und Laune kampagnenstarker Parteien. Der Punkt ist: Entscheidungsprozesse würden weiterhin von oben nach unten laufen. Und nicht vom Volk aus.

Es ist gut, dass dieses Projekt zum Untergang der 2. Republik nicht weiterverfolgt wird. Andererseits: Bürgerbeteiligung bis hin zur direkten Demokratie wäre gut und wichtig. Die Voraussetzungen müssen jedoch passen. Insofern ist die von ÖVP und Grünen geplante Abschaffung des Amtsgeheimnisses bzw. Einführung einer Informationsfreiheit ein kleiner, vielversprechender Schritt. Das könnte ein Beitrag dazu werden, dass Bürger mehr wissen und somit eher mitreden können. Andererseits: Wird zum Beispiel „Message Control“ weiterhin praktiziert, relativiert das diese Bemühungen auch schon wieder.

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