ANALYSE. Die schwarz-rote Koalition in Tirol ist das eine. Fehlendes Bemühen der SPÖ um eine Zusammenarbeit mit Grünen und Neos auf Bundesebene das andere – das macht eine solche Konstellation eher unmöglich.
„ÖVP-Spitze macht der Kurz-Truppe die Mauer. Grünen halten an Koalition fest. Die SPÖ fordert die Grünen auf, Regierung zu verlassen – wollen aber selbst nach einer Neuwahl Koalition mit der ÖVP nicht ausschließen. Da kann man nur Thomas Bernhard zitieren: Verkommen und verlottert“, so TT-Innenpolitikredakteur und Kurt-Vorhofer-Preisträger Michael Sprenger auf Twittter.
Am Ende könnte es wirklich auf eine rot-schwarze Regierung hinauslaufen. Die SPÖ schweigt zwar nicht nach den Aussagen von Thomas Schmid. Pamela Rendi-Wagner betont, dass „das Bild, das die Politik insgesamt abgibt und die ÖVP, ein desaströses sei“; dass sie befürchte, dass „die Handlungsunfähigkeit der Bundesregierung bereits gegeben“ sei; ja, dass sie Neuwahlen möchte. Zwei, drei Dinge aber liefert sie nicht.
Erstens: Eine inhaltliche Offensive für mehr Transparenz und Sauberkeit bzw. auch ein strengeres Korruptionsstrafrecht in Österreich. Am besten zusammen mit ihren Landeshauptleuten Michael Ludwig, Hans Peter Doskozil und Peter Kaiser sowie ein paar Bürgermeistern.
Zweitens: Eine Ansage, dass die Volkspartei nach allen Affären in die Opposition gehöre. Wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen betont, geht es nicht nur um Rechtliches, sondern um einen Wasserschaden für die Demokratie aufgrund eines massiven Vertrauensverlustes. Um zu verdeutlichen, welche Konsequenz das für die ÖVP haben müsse, könnte man (scheinheilig) sogar die Rede verlesen, die Sebastian Kurz nach Aufkündigung seiner Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen infolge der Veröffentlichung des Ibiza-Videos hielt: „Genug ist genug!“
Drittens: Eine Perspektive für etwas Neues, naheliegenderweise also eine Ampelkoalition der SPÖ mit Grünen und Neos.
Wie Michael Sprenger schreibt, ist Rot-Schwarz aber nicht ausgeschlossen für die Sozialdemokratie. Das bedeutet, dass Rot-Grün-Pink nur eine Option ist – was diese Konstellation auch schon unwahrscheinlicher macht.
Die Zurückhaltung der SPÖ ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass sie zunächst einmal infolge jeder Positionierung Wählerinnen und Wähler verlieren würde: Mit einem Bekenntnis zu einer Großen Koalition eher Linke, mit einem Bekenntnis zu einer Ampel eher rechte, um das Ganze stark zu vereinfachen. Verluste an die FPÖ sind überhaupt ein Trauma für die Partei, zumal sie noch nie eine größere Rückbewegung erreichen konnte.
These: So kann eine Ampel nie etwas werden. Es erleichtert Türkisen wie Freiheitlichen die Warnung, dass mit einem Linksruck hin zu einer Ampelkoalition aufwacht, wer die SPÖ wählt. Dem müsste die Partei für einen Wahlerfolg sozusagen proaktiv entgegenwirken, indem sie sich mehrheitsfähige Schwerpunkte einfallen lässt, die sie nur mit Grünen und Neos umsetzen könnte. Darum bemüht sie sich aber eben nicht.
Wobei es naturgemäß auch ein Problem für die Grünen gibt: So lange es zu keinem Bruch mit der ÖVP kommt, werden sie sich schwer tun, eine Fortsetzung von Türkis-Grün auszuschließen. Das würde die Botschaft inkludieren, dass die Koalition, an der sie beteiligt sind, versagt hat. Sprich: Auch die Grünen müssten einen größeren Schritt tun. Aber das ist eine andere Geschichte.