Transfermarkt für Parlamentarier

KOLUMNE VON LIBERO. Wenn Abgeordnete ohnehin weiter kreuz und quer wechseln dürfen, sollte mit ihnen offiziell gehandelt werden. 

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KOLUMNE VON LIBERO*. Wenn Abgeordnete ohnehin weiter kreuz und quer wechseln dürfen, sollte mit ihnen offiziell gehandelt werden.

Nur nichts ändern! Darauf hat sich das Geschäftsordnungskomitee des Nationalrats geeinigt, das die parlamentarischen Spielregeln festlegt: Abgeordnete sollen auch künftig von einer Fraktion zur anderen wechseln und dabei die Klubförderung mitnehmen können.

Anlass für Überlegungen hier nachzubessern war der Exodus von sieben Abgeordneten aus dem Team Stronach. Einige gehören seither keiner Fraktion mehr an und fristen als sogenannte „Wilde“ ein einsames, politisch eher bedeutungsloses Dasein bei vollen Bezügen; den anderen hat die ÖVP großzügig Asyl gewährt, keineswegs auf Zeit, sondern für immer, also bis zum Ende der Legislaturperiode – womöglich sogar darüber hinaus. Durchaus denkbar, dass dem einen oder anderen ein aussichtsreicher Listenplatz bei der nächsten Wahl versprochen wurde. So weit, so üblich.

Ein Klub, dem Mandatare abhandenkommen, sollte weniger Förderung bekommen. So weit, so logisch. 

Der Verfassungsjurist Theo Öhlinger hat im Auftrag der Nationalratspräsidentin in einem Gutachten mögliche Konsequenzen aufgezeigt, die mit dem freien Mandat vereinbar wären. Er regt an, die Klubförderung zu Beginn der Gesetzgebungsperiode zu deckeln, sodass nicht mit jedem Überläufer die Kassa klingeln würde. Hingegen soll ein Klub, dem Mandatare abhandenkommen, weniger Förderung bekommen. So weit, so logisch.

Nationalratspräsidentin Doris Bures sprach von „sehr überlegenswerten Vorschlägen, um den Wählerwillen zu stärken“. Sie hoffte auf „sanfte Reformen“, jedenfalls auf „konstruktive und lösungsorientierte Gespräche, die der Glaubwürdigkeit der Politik gerecht werden“. So weit, so vernünftig.

Bures muss jetzt aber einsehen, dass der Logik und der Vernunft enge Grenzen gesetzt sind, wenn die Fraktionen nicht wollen. Und die wollen vor allem nicht auf Geld verzichten. Darin herrscht, bei aller Gegensätzlichkeit, weitgehende Einigkeit. Und da alle irgendwann einmal profitieren könnten, bleibt alles beim Alten. Somit kann weiter zur Abgeordnetenwilderei geblasen werden.

Alleine die Tatsache, dass sie anwesend und gegebenenfalls wechselbereit sind, steigert ihren Markt- und Stellenwert. 

Vielleicht sollte die Präsidentin einen parlamentarischen Transfermarkt eröffnen: Auf diesen könnten, wie im Profi-Fußball üblich, zwei Mal im Jahr wechselwillige oder nicht mehr benötigte Abgeordnete geworfen werden. Jene, die sich dem Klubzwang partout nicht unterordnen, könnten elegant an die Opposition verschachert werden. Sollen sie doch dort ihre Widerborstigkeit ausleben! Andererseits könnten die Regierungsfraktionen ganz offiziell ihre Mehrheit immer wieder absichern, wenn sie ihnen bei Wahlen dummer Weise abhandenkommt. Und auch die Klubkasse bliebe immer gleich voll.

Ein solches System würde auch die Bedeutung von Hinterbänklern heben, ohne dass sie deswegen kluge Reden schwingen oder sonst durch besonderes Engagement auffallen müssten. Alleine die Tatsache, dass sie anwesend und gegebenenfalls wechselbereit sind, steigert ihren Markt- und Stellenwert.

Oder aber es kommt ausnahmsweise eine Reform von unten, von den Abgeordneten selbst. Eines lässt sich nicht per Geschäftsordnung regeln, müsste nur gelebt werden: Wer mit der Partei, die ihn bzw. sie für den Nationalrat nominiert hat, nicht mehr kann, kann und soll das Mandat einfach zurücklegen. Das wäre nur konsequent und würde Politik glaubwürdiger machen als ein staatlich subventioniertes Überläufertum.

*) Der Libero ist ein politisch denkender, von Parteien und Interessenvertretungen unabhängiger Bürger.

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