Wirkungslose Verfassungsreform

ANALYSE. Auf Zustimmungsrechte können die Länder verzichten. Durch den Konsultationsmechanismus bleibt ihnen eine viel wirkungsvollere Blockademöglichkeit.

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ANALYSE. Auf Zustimmungsrechte können die Länder verzichten. Durch den Konsultationsmechanismus bleibt ihnen eine viel wirkungsvollere Blockademöglichkeit.

Als Rechnungshofpräsident wusste Josef Moser (ÖVP), was zu reformieren wäre. Als Staatsreformminister stößt er nun jedoch an seine Grenzen. Sein jüngstes Paket zeugt davon. Die Änderungen sind eher belanglos, mit Einsparungen rechnet er selbst nicht.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach bei der Präsentation nach dem Ministerrat von der „größten Verfassungsreform seit 1929“. Darüber lässt sich streiten. Dass sich in der Vergangenheit, vom EU-Beitritt abgesehen, nur selten etwas geändert hat, ist jedoch korrekt.

Für Moser ist die nunmehrige „Kompetenzbereinigung“ der zweite Akt als Staatsreformminister, als der er neben seiner Funktion als Justizminister ebenfalls fungiert. Zunächst hat er sich um die Entsorgung von älteren Gesetzen und Verordnungen gekümmert, die nicht mehr angewendet werden. Das ist löblich. Allerdings: Weil die Gesetze und Verordnungen nicht mehr angewendet werden, bleibt ihre Abschaffung ohne Effekt auf Kosten und Bürokratieaufwand.

„Auch wenn Änderungen künftig nicht mehr der Zustimmung der Länder bedürfen, sollen deren Interessen weiterhin berücksichtigt werden.“ 

Jetzt ist Moser eben die „Kompetenzbereinigung“ angegangen: Wie den Erläuterungen zum Entwurf zu entnehmen ist, sind auch mit ihr keine Einsparungen zu erwarten. Wegfallen soll die „gegenseitige Blockademöglichkeit“ von Bund und Ländern; sie sollen einander weniger oft zustimmen müssen. Z.B. bei der Schließung von Bezirksgereichten soll dies nicht mehr nötig sein. Allerdings heißt es in den Erläuterungen ausdrücklich: „Auch wenn Änderungen der Sprengel der Bezirksgerichte künftig nicht mehr der Zustimmung der Länder bedürfen, sollen deren Interessen weiterhin entsprechend berücksichtigt werden.“

Doch sei’s drum: Die Länder haben längst eine viel wirkungsvollere Blockademöglichkeit zumindest für alles, was ihnen ins Geld gehen könnte; und sie bleibt ihnen erhalten. Die Rede ist vom Konsultationsmechanismus: Sehen die Länder im Zusammenhang mit irgendeinem Bundesvorhaben Mehrkosten auf sich zukommen, können sie Verhandlungen darüber verlangen; gibt es keine Einigung, muss der Bund die Kosten übernehmen. So einfach ist das. Und weil das so ist, achtet der Bund frühzeitig darauf, es gar nicht erst darauf ankommen zu lassen oder gibt sich im Fall des Falles großzügig. Siehe Abschaffung des Pflegeregresses: Die Länder wiesen darauf hin, dass es dadurch zu einer Verlagerung von der häuslichen in die kostspieligere Heimpflege kommen werde, für die sie zuständig sind – schon überwies der Finanzminister nach kurzem Hin und Her 340 Millionen Euro.

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