Verliert Kern die Verbindung zu seinen Wählern?

ANALYSE. Die Bürgermeister-Stichwahl in Salzburg ist für den SPÖ-Vorsitzenden auch eine Vorrunde für Ludwig vs. Schieder. Ja, seine Zukunft hängt sehr stark davon ab. 

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ANALYSE. Die Bürgermeister-Stichwahl in Salzburg ist für den SPÖ-Vorsitzenden auch eine Vorrunde für Ludwig vs. Schieder. Ja, seine Zukunft hängt sehr stark davon ab. 

Wenn die SPÖ bei der Nationalratswahl irgendwo gewonnen hat, dann vor allem in den Städten. Und wenn sie in einer Bevölkerungsgruppe zugelegt hat, dann in erster Linie bei den Akademikern. Was man nicht unterschätzen sollte: Die Ballungsräume wachsen extrem stark; dort lebt sogar schon die Mehrheit. Und die Frauen und Männer mit Uni-Abschluss sind längst keine verschwindend kleine Minderheit mehr; ihr Anteil ist relevant geworden.

In Summe haben die Sozialdemokraten also eine ziemlich neue Wählerschaft; eine, die dem Kurs von Noch-Kanzler, Bundesparteichef Christian Kern entspricht. Daraus lässt sich etwas machen. Auch wenn das strategische Dilemma bleibt, dass längerfristig eine Rückkehr zur Macht nur über eine Zusammenarbeit mit ÖVP, FPÖ, Neos und/oder irgendwann einmal vielleicht wiedererstarkenden Grünen führt. Es ist zumindest ein Anfang.

Fraglich ist allerdings, ob es eine Fortsetzung geben kann: Ein größeres Potenzial in den Städten zu haben, ist das eine. Es nützen zu können, das andere. Und was das betrifft, hat Kern allen Grund zur Sorge.

Von den zehn größten Städten stellte die Sozialdemokratie im Jahr 2000 in sieben den Bürgermeister. Seither gab es drei Wechsel: In Klagenfurt konnte sie das Bürgermeister-Amt (von der ÖVP) erobern, in Graz und Wels verlor sie es (an die ÖVP und an die FPÖ). Sind es heute also nur noch sechs. Wobei auch das nicht ganz korrekt ist: In Salzburg musste SPÖ-Bürgermeister Heinz Schaden bereits zurücktreten. Und am 10. Dezember wird sich entscheiden, ob ihm ein Genosse oder ein ÖVP-Politiker nachfolgen wird.

Wird Ludwig Bürgermeister, wird’s schier unmöglich für Kern, seine Vorstellungen von einer neuen Sozialdemokratie durchzusetzen.

Die erste Wahlrunde hat ebendieser, Harald Preuner, für sich entschieden. Was ein Warnsignal für Kern ist: Geht für seine Partei die Führung über die viertgrößte Stadt des Landes verloren, wird’s schwerer für ihn, seine Politik unter die Leute zu bringen.

Das ist quasi ein Vorspiel für Wien: Nicht, dass Kern der beste Freund von Andreas Schieder wäre; er muss aber hoffen, dass der Klubobmann der Parlamentsfraktion Ende Jänner das Rennen um die Nachfolge von Bürgermeister Michael Häupl macht. Gegenkandidat Michael Ludwig kann mit seiner, Kerns Ausrichtung nämlich ganz und gar nichts anfangen: Weniger zentrumsnahe Akademiker sind ihm ein Anliegen als die Leute der Vorstadt. Die natürlich ebenfalls eine relevante Gruppe bilden, aber politisch gesehen eine ganz andere sind; eine, die es, vereinfacht ausgedrückt, summa summarum weniger nach links als in Richtung FPÖ zieht.

Soll heißen: Wird Ludwig Bürgermeister, wird’s schier unmöglich für Kern, seine Vorstellungen von einer neuen Sozialdemokratie durchzusetzen. Zumal Wien so groß ist, dass alle anderen „großen“ Städte der Republik im Vergleich sehr klein wirken (siehe Grafik).

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