SPÖ: Ludwig setzt alles auf eine Karte

ANALYSE. Der designierte Wiener Bürgermeister will Wähler von den Freiheitlichen zurückgewinnen. Das kann, muss aber nicht gut gehen. Im Gegenteil.

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ANALYSE. Der designierte Wiener Bürgermeister will Wähler von den Freiheitlichen zurückgewinnen. Das kann, muss aber nicht gut gehen. Im Gegenteil.

Der Standort bestimmt den Standpunkt: Michael Ludwig, seit einem Vierteljahr SPÖ-Wien-Vorsitzender und demnächst auch Bürgermeister der Stadt, hat in Floridsdorf erlebt, wie gefährlich die Freiheitlichen seiner Partei werden können. Bei der Gemeinderatswahl 2015 haben sie diese dort mit 40,6 Prozent sogar knapp überholt. Also versucht er sie mit ihren Waffen zu schlagen: Wiener zuerst, Zuwanderer hinten anstellen, lautet sein Programm kurz und bündig zusammengefasst. Ob das klug ist? Es ist zumindest sehr riskant.

Trotzdem bleibt für die Michael-Ludwig-SPÖ ein Restrisiko: Das Original ist noch immer die FPÖ.

Rein parteitaktisch gesehen gibt es nicht viele Gründe, die dafür sprechen, dass das gut ausgeht für die Sozialdemokratie: Ein wesentlicher ist, dass es für die FPÖ von Heinz-Christian Strache aufgrund der Regierungsbeteiligung viel schwieriger geworden ist, Protestwähler anzusprechen. Für die Zuwanderungspolitik ist sie nun selbst verantwortlich. Für die Sicherheit ebenso. Und zum Teil ist sie nun auch mitgefangen: Siehe CETA, wozu sie vor einem Jahr noch eine Volksabstimmung abhalten wollte und jetzt davor steht, das Handelsabkommen ohne eine solche durchzuwinken. Dass ihr solche Dinge nicht mehr so große Wahlerfolge bescheren wie in der Vergangenheit (aber auch keinen Absturz), hat man bei den Landtagswahlen im heurigen Frühjahr gesehen.

Trotzdem bleibt für die Michael-Ludwig-SPÖ ein Restrisiko: Das Original ist noch immer die FPÖ. Und um der FPÖ in ihren Politikfeldern Konkurrenz machen zu können, muss man schon Sebastian Kurz heißen; er hat ihr bei der Nationalratswahl 2017 Platz eins praktisch wegnehmen können.

Vor allem aber riskiert Ludwig mit einem Mitte-Rechts-Kurz viele zu verlieren, die bei der Gemeinderatswahl 2015 nur deshalb die SPÖ gewählt haben, um einen Bürgermeister Heinz-Christian Strache zu verhindern. Wenn es inhaltlich keine so großen Unterschiede mehr gibt wie unter Michael Häupl, wird diese Motiv abgeschwächt.

Die Wählerschaft, um die es hier geht, sollte man nicht unterschätzen; und darüber sollte auch die SPÖ-Wahlniederlange 2015 (minus 4,8 Prozentpunkte auf 39,6 Prozent) nicht hinwegtäuschen: Damals hat Häupl den Grünen laut SORA-Analyse immerhin 16.000 Wähler abgenommen. Das ist relativ viel: An die dreimal größere FPÖ hat er „nur“ doppelt so viele Wähler (33.000) verloren. Und im Übrigen hat er immerhin einem Stammwähleranteil von 77 Prozent zusammengebracht; was von einer gewissen Mobilisierungskraft zeugt.

Soll heißen: Geht’s für Ludwig und die SPÖ ganz dumm her, spricht er FPÖ-Wähler nicht an und verliert eigene Wähler. Geht’s bestmöglich aus, kann er mehr FPÖ-Wähler zurückholen als er auf der anderen Seite vor allem eher Linke abgeben muss.

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