Wer „Regierungsinserate“ erhält

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BERICHT. Transparenz ist ausgeweitet: Ein Fokus auf Boulevard-Lastigkeit und Parteizeitungen. Sowie Sponsoring-Gelder in Millionenhöhe.

Als der damalige Vizekanzler und ÖVP-Chef Josef Pröll vor vielen Jahren einen ersten Vorstoß für das machte, was man heute als Transparenzdatenbank bezeichnet, ließ ein Landeshauptmann wissen: „Gerne!“ Einerseits ist ihm und seinesgleichen nachgesagt worden, an keiner Offenlegung von Geldflüssen interessiert zu sein. Andererseits meinte er jedoch, mit den vielen Daten werde ohnehin niemand etwas anfangen können.

Das ist ein wichtiger Punkt: Transparenz allein reicht nicht. Es muss auch jemanden geben, der die unendlich vielen Informationen, die unter Umständen zusammenkommen, einordnet.

Die Kommunikationsbehörde „KommAustria“ hat jetzt erstmals alle Daten zu Werbeausgaben veröffentlicht, die öffentliche Stellen neuerdings weitgehend uneingeschränkt melden müssen. Bisher gab es, wie hier berichtet, eine Grenze. Ergebnis: Schon fürs erste Halbjahr sind heuer fast 200 Millionen Euro zusammengekommen.

„KommAustria“ hat sich bemüht, die Informationen benutzerfreundlich aufzubereiten. Jetzt beginnt die Arbeit, damit etwas anzufangen. Wofür (gefühlt) mehrere Leute schier 24/7 nötig sind. Das ist keine Klage. Es soll nur zum Ausdruck bringen, was mit Transparenz einhergeht.

Vorerst ist also nur ein Kratzen an der Oberfläche möglich. Beispiel: Die Bundesregierung wendete für Werbung im ersten Halbjahr insgesamt 18,7 Millionen Euro auf. Die Bundesregierung sind freilich Ministerien, die unabhängig voneinander agieren und unter anderem auch völlig unterschiedliche Strategien wählen.

Das zeigt sich etwa, wenn man sich anschaut, an welche Printmedien Inserate vorrangig gingen: Beim Klimaschutzministerium, bei dem „Print“ grundsätzlich eine sehr geringe Rolle spielt, an Standard (111.800 Euro), Presse (77.023 Euro) und Krone (53.883). Beim Verteidigungs- und beim Innenministerium hingegen geht Boulevard eindeutig vor, geht auch ein größerer Teil der gesamten Mittel an einschlägige Zeitungen. Bei beiden am meisten an Österreich – oe24 (265.693 bzw. 168.343 Euro), obwohl das nicht einmal das Blatt mit den meisten Lesern ist. Beim Justizministerium gab es wiederum nur Werbung in einem Printmedium, im „Kuvert“ der Post (30.019 Euro).

Boulevard-Lastigkeit spielt auch bei der Stadt Wien eine große Rolle, die allein elf Millionen Euro für Werbung aufwendete. Bemerkenswert: Auch bei ihr ist Österreich – oe24 an der Spitze; mit rund 550.000 Euro. Laut Media-Analyse hatte die Zeitung in Wien zuletzt eine Reichweite von 14,4 Prozent. Sie war damit deutlich kleiner als jene von Krone und Heute mit jeweils rund 17 Prozent. Trotzdem erhielt die Fellner-Zeitung mehr.

Unter den Top 10-Print-Inseraten-Empfängerinnen ist in Wien übrigens auch das „schau Magazin“. Durch den Wegfall einer Bagatellgrenze für Ineratenmeldungen wird jetzt erst sichtbar, wie viel es bekommt. Von Jänner bis Juni heuer allein von der Stadt 184.785 Euro.

Verleger Gerhard Milletich ist vor zwei Jahren wegen Inseraten in die Schlagzeilen gekommen und ging dann als ÖFB-Präsident. Das Ö1-Medienmagazin Doublecheck berichte damals:

Florian Skrabal, der Chefredakteur von „Dossier“, das wiederholt zu Milletichs Geschäften mit SPÖ-dominierten Körperschaften recherchiert hat und in einem Fall Transparenz vor dem Verwaltungsgerichtshof erkämpfen konnte: „Gerhard Milletich ist so etwas wie der Peter Schröcksnadel des Fußballs. Ein Mann, der über Werbung Geld verdient und über seine ehrenamtliche Funktion viel Macht hat. Bisher hatte Herr Milletich vor allem geschäftlichen Erfolg durch seine parteipolitischen Kontakte zur Wiener SPÖ und zur burgenländischen SPÖ.“

Hemmungslos offen Parteimedien durch Inserate gefördert werden durch das Land Oberösterreich, das im ersten Halbjahr drei Millionen Euro für Werbung aufwendete. Unter den Top-10-Print-Empfängerinnen befinden sich hier das „volksBlatt“ mit 144.608 Euro und das „City! Magazin“ mit 91.610 Euro. Beide werden treuhändisch geführt für die Landes-ÖVP, an deren Spitze bekanntlich Landeshauptmann Thomas Stelzer steht. Ebenfalls in den Top 10: „Lust aufs Land“, betrieben von der AGRO Werbung GmbH, einem Beteiligungsunternehmen der Volkspartei, wie einer entsprechenden Liste des Rechnungshofes zu entnehmen ist.

Werbung im weitesten Sinne ist auch Sponsoring. Auch das muss gemeldet werden und ist eine Erklärung dafür, dass zwei öffentliche Unternehmen ziemlich große Summen vorzuweisen haben. Die Linz AG etwa. Bei ihr stehen im ersten Halbjahr allein 1,4 Millionen Euro für Blau-Weiß Linz Sport GmbH (Fußball) und rund 950.000 Euro für Black Wings Linz GmbH (Eishockey). Bei der Wien Energie sind wiederum 1,4 Millionen Euro für SK Rapid GmbH (Fußball) angeführt.

dieSubstanz.at der Überzeugung, dass weniger Inserate, aber viel mehr Medienförderung gut, ja demokratiepolitisch notwendig wäre.

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