BERICHT. Rechtsgeschäfte zwischen SPÖ- sowie ÖVP-Beteiligungsunternehmen und der öffentlichen Hand belaufen sich auf mehr als 40 Millionen Euro jährlich. Dabei geht es nicht nur um sozial-gemeinnützige Tätigkeiten, sondern etwa auch um hochpolitisch-mediale.
Es ist historisch gewachsen und wohl auch von daher etwas, was ausschließlich die langjährigen Großparteien betrifft: Laut einer Liste des Rechnungshofes sind sie an 75 Unternehmen beteiligt, die ÖVP an 41, die SPÖ an 35. Ebenfalls einer Zusammenstellung des Rechnungshofes ist zu entnehmen, dass sie allein 2019 Rechtsgeschäfte in Höhe von insgesamt 41,2 Millionen Euro mit der öffentlichen Hand getätigt haben bzw. mit Körperschaften, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen, also vom Bund über die Länder bis hin zu den Gemeinden, aber auch Kammern, Sozialversicherungen oder der Post. (Für 2020, geschweige denn 2021 liegen noch keine Angaben vor.)
Bei alledem muss man ein paar Dinge beachten: Inhalt und „Richtung“ der Geschäfte sind nicht angeführt, lediglich Summen. dieSubstanz.at hat hier die Beteiligungsunternehmen ausgewählt, für die die größten ausgewiesen werden. Das Ergebnis mag zunächst überraschen: An der Spitze steht eine „KOKO Kontakt- und Kommunikationszentrum für Kinder Gemeinnützige GmbH“, die den Sozialdemokraten zugeordnet ist. Sie widmet sich mit mehr als 200 Mitarbeiter:innen der Betreuung von Kindern, Jugendlichen und Familien und ist in Salzburg angesiedelt. In ihrem Fall beliefen sich die entsprechenden „Geschäfte“ auf sechs Millionen Euro, wovon 4,2 auf das Land und eineinhalb Millionen Euro auf die Stadt Salzburg entfielen. Gemeinhin würde man wohl eher von Abgeltungen oder Förderungen reden. Aber daran hat der Gesetzgeber bei den Transparenzbestimmungen nicht gedacht.
Gemeinnützig ist auch die Nummer drei auf der Liste, nämlich die Sozialbau AG, die eigenen Angaben zufolge die „Nr. 1 unter den privaten und gemeinnützigen Wohnungsunternehmen Österreichs ist“. Volumen der Rechtsgeschäfte im Jahr 2019: 4,3 Millionen Euro, die vor allem auf Stadt Wien-Töchter (Wien Energie, Wiener Netze) zurückgingen. Stromrechnungen und dergleichen? Könnte sein. Auch hier hat der Gesetzgeber ausgelassen.
Nicht gemeinnützig ist im Falle der SPÖ-Beteiligungsunternehmen die „Gutenberg-Werbering Gesellschaft“ in Oberösterreich, für die vom Rechnungshof 3,1 Millionen Euro ausgewiesen werden. Sie versteht sich als „moderner Produktions- und Dienstleistungsbetrieb für alle papierbezogenen Druckerzeugnisse sowie für die Außenwerbung“. Öffentliche Geschäftspartner: Arbeiterkammer Oberösterreich und Stadt Linz etwa, mit denen 2019 Rechtsgeschäfte im Umfang von 1,2 bzw. 400.000 Euro abgewickelt wurden.
Die Nummer 2 auf der Liste ist mit einem Volumen von 5,3 Millionen Euro der ÖVP zugeordnet, es handelt sich um die „Print Alliance HAV Produktions GmbH“. Das ist unter anderem ein Zusammenschluss mehrerer Druckereien. Das Unternehmen ist vor allem auch ein Geschäftspartner der Post (2,3 Millionen Euro).
Bei der Volkspartei sind zahlreiche Beteiligungsunternehmen prominenter und direkter in der Medienwelt tätig: Zur „Oberösterreichischen Media Data Vertriebs- und Verlags GmbH“, die mit der öffentlichen Hand Rechtsgeschäfte im Umfang von 2,5 Millionen Euro abwickelte, gehört etwa das oberösterrichische Volksblatt. Bei diesem gab es laut Medientransparenzdatenbank 2019 öffentliche Inserate in Höhe von rund 722.000 Euro, wovon wiederum knapp 300.000 Euro vom ÖVP-geführten Land Oberösterreich kamen.
Zu den ÖVP-Beteiligungsunternehmen gezählt wird außerdem der „Ärzteverlag“ (Volumen der Rechtsgeschäfte: 2,4 Millionen Euro, davon knapp 900.000 Euro mit der AUVA) sowie die „Österreichische Agrarverlag Druck und Verlagsgesellschaft“ mit einem Volumen von 1,6 Millionen Euro im Jahr 2019. Hier landet man bei der „Bauernzeitung“, an die damals laut Medientransparenzdatenbank öffentliche Inserate im Umfang von einer Viertelmillion Euro gingen – unter anderem vom Landwirtschaftsministerium und von der Landwirtschaftskammer, beide de facto ÖVP-geführt.
Oder die „Life Radio GmbH & Co KG“ in Oberösterreich (ÖVP-Beteiligungsunternehmen). Für das Life Radio spuckt die Medientransparenzdatenbank ein Inseratenvolumen von einer Million Euro im Jahr 2019 aus, der relativ größte Teil kam vom Land Oberösterreich (167.000 Euro).
Problem? Wenn sowohl ein öffentlicher Rechtsträger als auch ein Beteiligungsunternehmen im Einflussbereich von Vertretern ein und derselben Partei stehen, kann es zu Interessenskonflikten kommen, die politisch nicht als solche wahrgenommen werden, zumindest demokratisch aber problematisch erscheinen. Immerhin gibt es Transparenzlisten. Andererseits: Sie sind nur bedingt aussagekräftig und in einer Form aufbereitet, dass sie kaum auswertbar sind. Was möglicherweise auch genau so beabsichtigt ist.
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