Handreichung für Medienpolitik

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ANALYSE. Die Fallstatistik des österreichischen Presserates würde eine Entscheidungsgrundlage dafür liefern, wer Qualitätsjournalismus betreibt, daher systemrelevant ist und gefördert gehört.

Es gibt Leute, die finden das hier ausgeführte Mediensterben sehr okay. „Ihr habt versagt und müsst verschwinden. Wen juckt’s“, schreibt eine Person dazu auf Twitter (X). Eine andere meint: „Wenn man 30% der Bevölkerung 3,5 Jahre diffamiert und diskreditiert, solle man sich nicht wundern!“ Das ist zur Kenntnis zu nehmen. Punkt.

Ausgangspunkt der Geschichte ist, dass ein neues Modell der Finanzierung von Medien und Journalismus notwendig ist, damit diese zentrale Säule der Demokratie nicht wegbricht, um es in Anlehnung an „Standard“-Herausgeber Oscar Bronner zu sagen. Das bleibt wichtig. Doppelpunkt: Was ist denkbar?

Wesentlich ist in jedem Fall, dass Medien sich und ihren Journalismus zu einem möglichst großen Teil selbst finanzieren. Das Ideal ist, dass sie so viel verdienen, dass sie nicht nur schwarze Zahlen schreiben, sondern immer auch Investitionen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung tätigen können, die sie stärkt, ja unabhängig macht.

In einem kleinen Land wie Österreich wird das jedoch in zu vielen Fällen eine Illusion bleiben, wird es immer einen Bedarf für öffentliche Förderungen geben. Für Vielfalt und Qualität gibt es ebensolche bereits, sie reichen nur nicht aus und haben eine bescheidene Qualität. Vor allem aber werden sie durch Inseratenkorruption konterkariert: Wenn die einen durch steuergeldfinanzierte Inserate gestärkt werden, hat das zur Folge, dass andere, die willkürlich weniger oder nichts bekommen, benachteiligt werden. Dann wird es ihnen staatlich erschwert, selbst möglichst viel zu verdienen. Das ist die Widersprüchlichkeit dessen, was hierzulande als Medienpolitik bezeichnet wird.

Ein Anknüpfungspunkt für Förderungen wäre Qualitätsjournalismus. Ist ja klar: Er, der im Übrigen auch kleinformatig daherkommen kann, macht die Säule der Demokratie aus. Nur: Wie misst man ihn? Eine Möglichkeit: Über den Presserat. Der Medienwissenschaftler Josef Trappel hat in einer Stellungnahme vor einem Jahr bemängelt, dass nicht einmal in einem eigenen Qualitätsjournalismus-Förderungsgesetz Beug auf diesen genommen wird: „Dies ist angesichts der qualitätssichernden Aufgabe des Presserates unverständlich.“

Der Presserat ist ein Organ der Selbstkontrolle österreichischer Medien. Im Zentrum steht ein Ehrenkodex der österreichischen Presse, in dem Grundsätze publizistischer Arbeit festgehalten sind. Dazu zählen Genauigkeit. Oder „Persönlichkeitsschutz“. Das bedeutet etwa, dass persönliche Diffamierungen, Verunglimpfungen und Verspottungen gegen das journalistische Ethos verstoßen. Es bedeutet außerdem „Schutz vor Pauschalverunglimpfungen, Diskriminierungen“ und vieles andere mehr.

Es gibt Medien, die eher Qualitätsjournalismus betreiben und dem eher gerecht werden sowie Medien, die es, salopp formuliert, nicht so genau damit nehmen. Die Fallstatistik des Presserates für die vergangenen fünf Jahre liefert nähere Auskünfte: Insgesamt wurden 2099 mutmaßliche Verstöße angezeigt (z.B. von Leserinnen und Lesern). 165 wurden bestätigt. Jeweils fast ein Drittel dieser bestätigten Verstöße entfiel mit je 51 allein auf die Kronen Zeitung sowie auf Österreich, oe24. Der mittlerweile eingestellte FPÖ-nahe Wochenblick folgte mit 18, Heute mit 17. Auf der anderen Seite wurde die „Presse“ etwa nur drei Mal verurteilt, der Standard und die Kleine Zeitung je zwei Mal und die Salzburger Nachriten einmal.

Das liegt nicht daran, dass sie weniger oft „angezeigt“ werden. Beim Standard war das in all den Jahren mit insgesamt 311 Mal kaum weniger oft der Fall als bei der Krone (360 Mal) bzw. sogar öfter als bei Österreich, oe24 (226), Heute (181), geschweige denn dem Wochenblick (42). Es ist vielmehr so, dass hier ganz offensichtlich sauberer gearbeitet wird. Stichwort Qualitätsjournalismus.

Insbesondere bei Regierungsinseraten berücksichtigt wird das jedoch nicht. Wenn überhaupt, zählt dort nur die Reichweite. Für den Boulevard ist das existenzsichernd. Für den Rest ist es bedrohlich.

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