Eineinhalb Millionen für Information

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BERICHT. Auch von Regierungsinseraten zum zweiten Lockdown profitierte überwiegend der Boulevard. Das lässt sich nur zum Teil mit seiner Reichweite begründen.

Es gibt Regierungsinserate, die schwer nachvollziehbar sind. Und es gibt Regierungsinserate, die einer Notwendigkeit gerecht werden, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger zu informieren. Zu letzteren können wohl die Schaltungen gezählt werden, die zum zweiten Lockdown im November über das Kanzleramt bzw. eine Medienagentur abgewickelt worden sind. Knapp eineinhalb Millionen Euro sind demnach geflossen. 1,25 Millionen Euro entfielen auf Printmedien – und sie wiederum überwiegend auf Boulevardtitel. Das ist einer parlamentarischen Anfragebeantwortung von Bundeskanzler Sebastian Kurz zu entnehmen.

Inklusive Umsatzsteuer waren die Inserate in der Kronen Zeitung summa summarum 294.366,71 Euro wert, jene in Österreich sowie oe24 240.706,94 Euro und die in Heute 205.149,84 Euro. Das sind alles in allem 60 Prozent des Volumens für Tageszeitungen. Unterschiede sind zum Teil extrem. So entfiel auf die Tiroler Tageszeitung gerade einmal ein Zehntel des Betrags für Österreich/oe24.

Natürlich: Boulevardmedien haben eher mehr Leserinnen und Leser. Laut Mediaanalyse 2019/20 handelte es sich bei der Krone allein um knapp zwei Millionen. Für die Kleine Zeitung wurden hier aber mit 765.000 Leserinnen und Lesern mehr ausgewiesen als für die Kombination Österreich/oe24 (643.000). Für die Informationsschaltungen gingen mit den rund 240.000 Euro aber zwei Mal mehr an Österreich/oe14 als an die Kleine (116.534,88 Euro). Pro Leser sind das im einen Fall 37 Cent, im anderen 15 Cent.

Relativ wenig ging mit 32.290,66 Euro an den „Standard“. Zieht man hier die Angaben der Mediaanalyse zur Orientierung heran, entspricht das gar nur sechs Cent pro Leserin und Leser. Wie Kurz in der Anfragebeantwortung erläutert, basiert die Verteilung bzw. der Planungsansatz der Medienagentur allerdings nicht nur auf der Reichweite: Es gehe darum, „welches Medium sich am besten eignet, um möglichst kosteneffizient und effektiv die Ziele der Kampagne und die definierten Zielgruppen zu erreichen“.

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1 Comment
  1. Reiter Alfred 2 Jahren ago

    Lieber Hr Mag Huber! Zu Ihrem heutigen Kommentar, dass es auch bei den derzeitigen Zeitungsinseraten die Gratiszeitungen sind, die den Löwenanteil bekommen. Sie weisen auch auf die Reichweite dieser Blätter „Österreich“ und „Heute“ hin. Da muss man doch wohl dazuschreiben, dass diese Blätter die Reichweite nur deshalb haben, weil ihnen die Regierung – auch die Wiener Landesregierung – seit Jahren so viel Geld zuschanzt und damit ihr Gratiserscheinen überhaupt erst ermöglicht. Und was Wien betrifft, ihnen darüber hinaus an bevorzugten Standorten die Aufstellung von Boxen zur Entnahme gestattet (meines Wissens ist diese Aufstellung ebenfalls gratis). Zur Rechtfertigung sagen die Inseratenauftraggeber, man richte sich bei den Inseraten nach der Reichweite. Das aber ist eine bewußte Verdrehung von Ursache und Wirkung. Die Inserate bringen die Reichweite hervor. Ich halte das alles für unglaublich skandalös. Ihr alfred reiter

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