Benko

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ANALYSE. Der Immobilieninvestor steht für eine größere Krise. Es geht um fehlende soziale Verantwortung und selbsternannte Rächer „kleiner Leute“, die diese hervorbringt.

René Benko gebe „ein exzellentes Feindbild ab“, schreibt Ernst Sittinger in der „Morgenpost“ der „Kleinen Zeitung“: „der skrupellose Ego-Unternehmer, der Mieter auspresst, Gewinne privat einstreift, Verluste rücksichtslos sozialisiert und bereits wegen Korruption vor Gericht stand. Ein Jongleur im Zwielicht, Gründer und inoffizieller Lenker eines fast undurchdringlichen Konzerngeflechts aus Firmen und Stiftungen. Und den obersten Bösewicht Sebastian Kurz kennt er auch“.

Sittinger erweckt den Eindruck, dass hier ausschließlich Neidgenossenschaft am Werk ist, die mit böswilligen Unterstellungen arbeitet. Tatsächlich? Ganz so einfach, wie er mutmaßt, ist die Sache nicht: „Die wahrscheinlichste Variante ist, dass die Firmengruppe viel zu schnell wuchs und Benko den Überblick verlor.“ Unter anderem stark steigende Zinsen sind wohl eher zum Problem geworden. Und Fehleinschätzungen: Ausflüge in den Handel gerieten zum „Debakel“, wie das „profil“ feststellt. Beim „Kaufhaus Galeria“ seien Tausende Arbeitsplätze zum Opfer gefallen, und die Steuerzahler dürften auf 600 Millionen Euro an Kosten für die Sanierung sitzenbleiben, so das Magazin. In Österreich wird Kika/Leiner in Erinnerung bleiben.

René Benko hat es verstanden, namhaften Investoren jahrelang Gewinne zu bescheren, die sie erfreut haben. Von Bozen über Hamburg bis Wien steht er für Immobilienprojekte von atemberaubender Größe. Beides spricht nicht gegen ihn. Der Haken ist, dass er ein Unternehmertum ohne erkennbare soziale Verantwortung pflegte. Gerade wenn man in einer solchen Liga spielt, wenn man bei einem Kanzler telefonisch jederzeit durchkommt, wenn man Stadtviertel und Handelsketten kaufen und umbauen kann, wenn unzählige Beschäftigte gemeinsam mit noch mehr Angehörigen abhängig sind von einem, dann darf man sich öffentlich nicht rar machen, Interviews verweigern und sich allenfalls nur mit Prominenten bei Empfängen zeigen, die man nach Gutsherrenart gewährt. Dann sollte man vor allem dann, wenn etwas schiefgeht, zeigen, dass einem das nahe geht.

Benko steht für das Gegenteil eines traditionellen Unternehmertums, das es auch gibt und das auf Nachhaltigkeit über Generationen hinweg achtet. Das um das Wohlergeben von Mitarbeitern besorgt ist. Natürlich nicht uneigennützig: Wenn es aufgeht, sind sie erstens hochmotiviert und bleiben zweitens lange. Außerdem gibt dieses Unternehmertum, sofern es erfolgreich ist, auch der Allgemeinheit etwas Wertvolles; ein Museum beispielsweise.

Verhängnisvoll ist, dass Benko bisweilen mit einem Gegenüber in der Politik konfrontiert war, das ihm dienlich war oder überhaupt entsprach: Thomas Schmid sah sich und seinesgleichen als „Hure der Reichen“. Sebastian Kurz hat für den schnellen Erfolg Millionen investiert und eine gesetzliche Wahlkampfkostengrenze überschritten. Er hat zwar versprochen, was einer breiteren Öffentlichkeit gefiel, jedoch wenig bis nichts davon umgesetzt. Es war Blendwerk, es ging bloß darum, Stimmen zu maximieren. Eine inszenierte Bewegung war bezeichnenderweise allein auf ihn ausgerichtet. Das war Sinn und Zweck der Übung.

Viellicht trägt genau das entscheidend zur größeren politischen Krise bei, die sich in einem massiven Vertrauensverlust manifestiert und die Kräfte stärkt, die gegen „Eliten“, ein „Establishment“ oder gar ein „System“ auftreten; die zu einem „Volkskanzler“ Herbert Kickl führen, der wiederum vorgibt, sich im Sinne „kleiner Leute“ zu rächen.

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