Asyl: Was alles geht

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ANALYSE. Die ÖVP, aber auch die SPÖ, haben in den vergangenen Tagen davon profitiert, dass das Abklopfen von Inhalten Nachrang hat.

„Knalleffekt: Tausende Inder kurz vor Abschiebung“, titelte die Gratiszeitung „Heute“ am 2. Jänner. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) habe mit dem indischen Außenminister Subrahmanyam Jaishankar eine „Migrations- und Mobilitätspartnerschaft“ vereinbart. Einerseits sollen mehr indische Fachkräfte nach Österreich kommen dürfen, andererseits werde Indien Staatsangehörige zurücknehmen, die illegal nach Österreich eingereist seien. Problem: Ob mehr Fachkräfte kommen wollen, ist offen. Sie sind weltweit begehrt. Und was die Abschiebungen betrifft, bedurfte es eines Hinweises des Asylkoordinators Lukas Gahleitner-Gertz, dass sich das mit den Tausenden ganz einfach nicht ausgehen kann.

Das zeigt ein Blick in die Asylstatistik des Innenministeriums: 17.912 Asylanträgen indischer Staatsangehöriger von Jänner bis November 2022 stehen exakt zwei positive Entscheidungen gegenüber; ein Antrag wurde angenommen, einmal wurde subsidiärer Schutz gewährt. Das heißt aber nicht, dass jetzt 17.910 Abschiebungen möglich wären. Erstens laufen viele Verfahren noch. Zweitens wurden 6530 zwar bereits eingestellt, aber nur, weil die Antragsteller nicht mehr verfügbar sind.

Die meisten der fast 18.000 dürften Österreich bereits verlassen haben. Zu all jenen Asylwerbern, die sich in der staatlichen Grundversorgung befinden, macht das Innenministerium lediglich Angaben zu den „Top 10“-Nationen nach Staatsangehörigkeit. Inder scheinen hier nicht auf. Es muss sich daher um weniger als 500 handeln. Sprich: Zumindest 17.500 sind sonst wo, die meisten wohl außer Landes.

Das Beispiel zeigt, dass es Politik erschreckend einfach gemacht wird, mit einer Art Show durchzukommen. Schallenberg schaffte die Schlagzeile „Tausende Inder kurz vor Abschiebung“, nachträgliche Hinweise, was Sache ist, werden wohl eher untergehen.

Davon, dass das Abklopfen von Inhalten Nachrang hat, profitierte vor wenigen Tagen auch die SPÖ, die laut „Standard“ bei einer Klausur in Kärnten „Neue Strenge bei Migration“ verkündete. „Es braucht Humanität auf der einen Seite, Kontrolle auf der anderen“, habe Pamela Rendi-Wagner, die Parteivorsitzende, erklärt. Inhaltlich gefordert würden europäische Lösungen, unter anderem auch in Form „recht harter“ Maßnahmen, wie Asylverfahren außerhalb der EU.

Neu? Nein: „Gemeinsames europäisches Asylverfahren“, steht genauso bereits im sozialdemokratischen Migrationspapier aus dem Jahr 2018 wie „Etablierung von Verfahrenszentren an den EU-Außengrenzen“. Oder dies: „Wer keinen Asylgrund hat, darf nicht bleiben“.

Erstellt wurde das Papier federführend von den Landeshauptleuten Hans Peter Doskozil und Peter Kaiser. Nach Doskozil-Kritik am Kurs der Bundespartei hat deren Geschäftsführer Christian Deutsch erst im Herbst betont, dass es nach wie vor gelte. Geändert hat sich allenfalls, dass die Inhalte nun laut und deutlich ausgesprochen werden. Und zwar nicht nur von Doskozil.

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