Asyl: Merkwürdige Zahlen

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ZAHLEN ZUM TAG. Über den Mittelmeerraum kommen laut UNHCR kaum mehr Menschen nach Europa als in den vergangenen Jahren.

UNHCR, das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen, weist auf einer eigenen Website die Entwicklung der Fluchtbewegungen über den gesamten Mittelmeerraum nach Europa aus. Ausgehend von der innenpolitischen Problemdarstellung in Österreich erscheinen die Angaben merkwürdig: Im Mittelmeerraum sind heuer bis Ende November 143.280 Personen erfasst worden, die auf dem See- oder Landweg nach Europa gekommen sind. Zum Vergleich: In Österreich allein sind bis Ende Oktober knapp 90.000 Asylanträge verzeichnet worden.

Die UNHCR-Angabe für heuer liegt etwas über dem Niveau der vergangenen Jahre, aber unter dem der Jahre 2017, 2016, geschweige denn 2015. Damals hatte es sich um mehr als eine Million gehandelt. Dabei ist zu beachten, dass ausschließlich bestätigte Fluchtbewegungen erfasst sind. Andererseits gibt es auf dem See- und Landweg de facto keine andere Möglichkeit mehr, als über den Mittelmeerraum, der auch die Türkei bzw. Griechenland und Bulgarien umfasst, nach Europa zu gelangen.

Abgesehen davon wird es eine Dunkelziffer geben. Die Angaben sind jedoch allemal präziser als die vagen, die etwa Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und seine Mitarbeiter machen, wenn sie von 100.000, 75.000 oder einfach nur einer hohen Zahl sprechen, um das Veto gegen einen Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien zu begründen.

Soll heißen: Die Daten- und damit auch die Informationslage ist hierzulande so, dass sich allerhand behaupten lässt. Jedenfalls anzunehmen ist, dass bei den Asylantragstellern in Österreich auch viele indische und andere Staatsangehörige dabei sind, die mit dem Flugzeug visafrei über Serbien angereist sind. In der rot-weiß-roten Asylstatistik entfallen bis Ende Oktober allein 15.000 Anträge auf Inderinnen und Inder.

Wie berichtet hat derlei den Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Margaritis Schinas, veranlasst, Westbalkan-Staaten aufzufordern, ihre Visapolitik zu ändern und dieses Schlupfloch für Reisen in die EU zu schließen. Frei nach Kurz könnte man auch sagen, das Problem ist offensichtlich nicht die Mittelmeerroute, sondern die Westbalkanroute.

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