ANALYSE. In nur fünf Jahren ist die Zahl der Über-55-Jährigen ohne Job um 108 Prozent gestiegen. Der Sozialminister drängt unter anderem auf eine Arbeitszeitverkürzung, stößt dabei jedoch auf Widerstand. Letztendlich wird allerdings ohnehin nur ein Konjunkturaufschwung etwas bringen.
Die Bundesregierung ist gefordert: Nachdem die Konjunktur schwächelt, steigt die Arbeitslosigkeit. Ganz besonders davon Betroffen sind Ältere. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) will mit einer Arbeitszeitverkürzung bzw. einer sechsten Urlaubswoche sowie einem Bonus-Malus-System für Unternehmen darauf antworten. Das Problem: Dabei steht er an. Und im Übrigen würde es ohnehin viel zu wenig bringen.
Die vor dem Sommer beschlossene „Teilpension“, die nichts anders als eine Altersteilzeit ist, wird kaum zu spüren sein. 1600 Männer und Frauen jährlich sollen sie in Anspruch nehmen, wie Hundstorfer in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung berichtet. Gemessen an der Zahl der Arbeitslosen ist das nichts: Im Juli verzeichnete das AMS 44.753 über 55-Jährige ohne Beschäftigung. Das schreit nach mehr Maßnahmen. Zumal die Zahl seit Juli 2010 um 108 Prozent gestiegen ist, sich also mehr als verdoppelt hat.
Wie aber mehr Ältere in Beschäftigung halten? In seiner Anfragebeantwortung gegenüber dem FPÖ-Abgeordneten Roman Haider nennt Hundstorfer vor allem zwei Ansätze: eine Arbeitszeitverkürzung sowie ein Bonus-Malus-System.
„Eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit wäre argumentierbar, weil Österreich im internationalen Vergleich sehr lange Wochenarbeitszeiten und eine hohe Zahl an geleisteten Überstunden sowie eine große Verbreitung von All-in-Verträgen aufweist“, so Hundstorfer: „Gleichzeitig steigt die Teilzeitquote und die Arbeitslosigkeit. Deshalb sind Ansätze zur Umverteilung des Beschäftigungsvolumens nötig. (…) Ansätze dazu könnten die Einführung einer sechsten Urlaubswoche, die Verteuerung von Überstunden und die Einschränkung von All-in-Vereinbarungen sein.“
Hundstorfers Problem: Eine sechste Urlaubswoche etwa wird von ÖVP sowie Arbeitsgebervertretern abgelehnt. Eine Einschränkung von All-in-Verträgen würde dort ebenfalls auf wenig Gegenliebe stoßen, würde es die Kosten doch erhöhen.
Darüber hinaus will der Sozialminister endlich ein „Bonus-Malus-System“ installieren. 2016 sollte es soweit sein. Allerdings laufen die Unternehmer auch dagegen Sturm. Grund: Beschäftigen sie weniger Ältere als vorgegeben, würden sie zur Kasse gebeten werden.
Und das kann man in angespannten Zeiten ganz und gar nicht brauchen. Womit die Arbeitgeber bei einem starken Argument angelangt wären: „Schuld“ an der hohen Arbeitslosigkeit sind weniger Arbeitszeitregelungen und irgendwelche Vereinbarungen, als vielmehr die wirtschaftlichen Entwicklungen. Anders ausgedrückt: Während andere EU-Länder längst wieder boomen, entstehen in Österreich viel zu wenige Jobs. Seit Juli 2010 hat die Zahl der Arbeitslosen insgesamt um die Hälfte (51 Prozent) zugenommen – und die Zahl der Beschäftigten ist laut AMS nur um sechs Prozent gestiegen.