Ungeschönte Arbeitsmarktdaten

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BERICHT. AMS-Daten plus 50 Prozent – das der Wahrheit, die kaum wahrgenommen wird, schon näher.

Christine Aschbacher ist nicht die erste Arbeitsministerin, die die Arbeitsmarktlage eher nur mit AMS-Daten zum Ausdruck bringt; das hat Tradition. Dabei handelt es sich nur um einen Teil der Wahrheit: Auf die „stille Arbeitsmarktreserve“ wird vergessen. Darunter fallen Personen, die nicht in der offiziellen Statistik aufscheinen. Grund: Sie sind nicht beim Arbeitsmarktservice erfasst. Sie würden zwar ganz gerne einen Job übernehmen und könnten dies auch innerhalb von zwei Wochen tun; sie befinden sich aber nicht auf der Suche. In schweren Zeiten wächst diese Gruppe stark an (siehe Grafik): Offenbar gehen viele Männer und Frauen dann erst recht nicht davon aus, zu einer Beschäftigung zu kommen.

Die „stille Reserve“ ist etwa halb so groß wie die Zahl der Arbeitslosen. Im Juni zählten 189.000 zu ihr. Beim AMS gemeldet waren 414.800 Leute. In Summe ergab das 604.400. Am Höhepunkt der Coronakrise, im April, handelte es sich zusammen gar um 738.600: 216.300 „stille Reserve“ plus 522.300 Arbeitslose.

Die „stillte Arbeitsmarktreserve“ wird kaum wahrgenommen und ganz offensichtlich auch kaum erforscht. Zu lesen ist wenig über sie. Zu Informationen kommt man am ehesten über die Statistik Austria: Sie erhebt die Reserve im Rahmen ihrer Mikrozensus-Befragungen.

Für das vergangene Jahr liegen einige Daten über diese Gruppe vor, die allerdings kein simples Bild zulassen. Man könnte zum Beispiel annehmen, dass es sich oft um Frauen handelt, die nach einer längeren, familienbedingten Pause wieder ins Berufsleben zurückkehren wollen. Mit solchen Aussagen sollte man jedoch vorsichtig sein.

Von 101.800 Personen in der „stillen Reserve“ waren 2019 55.400 Frauen und 46.400 Männer. Gut ein Drittel war unter 25 Jahre alt, ebenso viele verfügten maximal über einen Pflichtschulabschluss. Zwei Drittel waren österreichische, ein Drittel ausländische Staatsbürger. Eine relative Mehrheit von einem Viertel gab an, aufgrund einer Ausbildung nicht aktiv nach einem Job zu suchen. Bei knapp einem Fünftel waren die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen oder andere familiäre Verpflichtungen ausschlaggebend.

Freilich: Es gibt auch noch andere Gruppen, die nicht in der AMS-Statistik aufscheinen, obwohl sie krisenbedingt nicht zu tun haben. Selbstständige zum Beispiel, denen Aufträge weggebrochen sind – sie sind in der Regel nichts arbeitslosenversichert.

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