Was Nehammer bleibt

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ANALYSE. Die ÖVP verliert bei einer Wahl nach der anderen stark. Das Kanzleramt ist aber noch lange nicht verloren für sie.

Natürlich: Gemeinderatswahlen sind Gemeinderatswahlen, mit Rückschlüssen auf die Bundespolitik muss man vorsichtig sein. Dennoch: Dass die ÖVP im Land Salzburg auf dieser Ebene mit 39,9 Prozent zwar vorne geblieben ist, aber 7,7 Prozentpunkte gegenüber den Urnengängen vor fünf Jahren einbüßte, entspricht einem Trend. Einem Trend, der schon bei der Salzburger Landtagswahl im April 2023 zum Ausdruck gekommen ist genauso wie zuvor bei den Wahlen in Niederösterreich und Tirol. Nur zwischendurch, in Kärnten, gab es ein kleines Plus; von 15,5 auf 17 Prozent. Im Übrigen entspricht es auch einem Trend, der durch Umfrageergebnisse zu EU- und Nationalratswahlen zum Ausdruck kommt.

Die ÖVP muss froh sein, wenn sie in beiden Fällen nicht auf Platz drei landet. Schwacher Trost für sie: Ob sie oder die SPÖ auf Platz zwei landet, wirkt offen. Die Abstände sind klein. Insofern ist nicht alles verloren für sie: Wird sie Zweite, hat sie gute Chancen, das Kanzleramt zu behalten.

Die Sache ist recht einfach: Abseits der FPÖ gibt es einen relativ breiten Konsens, dass Hebert Kickl nicht Regierungschef werden darf. Solange die ÖVP dabei bleibt, wird er es nicht, sofern es überhaupt zu einer blau-türkisen Mehrheit kommt und sich diese Frage stellt. Wird die ÖVP Zweite, tut sich Nehammer in den eigenen Reihen weniger schwer, für Türkis-Rot-Pink oder Türkis-Rot-Grün zu werben. Der Druck auf SPÖ, Neos oder Grüne, sich daran zu beteiligen, wäre in jedem Fall groß. Es würde ja um eine Verhinderung von Kickl als Kanzler gehen.

Wird die ÖVP Dritte, ist vieles offen. Dann würde eher ein Tauziehen zwischen jenen drohen, die bereit wären, eine Regierung unter Andreas Babler einzugehen und den „Kurzianern“, die dann doch lieber Blau-Türkis hätten. Nehammer wäre jedenfalls so sehr geschwächt, dass er schwer Einfluss auf die Entscheidung nehmen könnte.

Dass die ÖVP in Opposition gehen muss, ist – Stand heute – äußerst unwahrscheinlich. Das mag erfreulich sein für sie, ist, isoliert betachtet, für Österreich aber nicht unbedingt gut: Sie wird so weniger wahrscheinlich zu einer umfassenden Erneuerung schreiten, die sie dringend notwendig hätte. Es geht um eine selbstbewusste pro-europäische, bürgerliche Politik mit Akteurinnen und Akteuren, die auch glaubwürdig dafür stehen. Anders ausgedrückt: Es geht um eine Absage an dumpfen Rechtspopulismus, der antieuropäische Züge aufweist und letzten Endes nur der FPÖ hilft.

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