Vorsicht, Transparenz

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ANALYSE. Wenn die Politik von gläsernen Kassen und dergleichen spricht, muss das noch lange nichts heißen. Zu viele Beispiele belegen das.

„Wer öffentliche Aufgaben wahrnimmt, soll fest in der Gesellschaft und im Berufsleben verankert sein. Aus dieser erwünschten Erfahrung und Verankerung im Beruf kann sich ein Spannungsverhältnis zur notwendigen Unabhängigkeit ergeben, das Offenheit und Transparenz verlangt“, steht da. Und: Bei „Sponsoring“ seien „Leistung und Gegenleistung“ zu dokumentieren: „Die Gegenleistung muss angemessen sein.“ Dasselbe gelte für Inserate: „Sie sind zu dokumentieren und das Verhältnis zwischen Inseratenpreis und Werbewirksamkeit muss angemessen sein.“ Im Übrigen: „Bestehen bei der Annahme von Spenden rechtliche Zweifel, ist entsprechender Rat bei der jeweiligen Landespartei oder der Bundespartei einzuholen.“ Kling gut. Quelle: Verhaltenskodex für politische Funktionsträgerinnen und Funktionsträger der Österreichischen Volkspartei. Er gilt noch immer. Theoretisch. Praktisch ist das mit der Offenheit so eine Sache, wie die nachträgliche Veröffentlichung einer Spendenliste zur Nationalratswahl 2017 vor der Nationalratswahl 2019 zeigt; oder die Vorgänge beim Alois-Mock-Institut, das von ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, einem namhaften Funktionär also, gegründet worden ist; hier ging es im Übrigen sogar um einen Glücksspielkonzern.

Natürlich: Von der einen oder anderen Partei ist ein solcher Kodex gar nicht überliefert. Ob sie besser sind, wenn sie nicht einmal einen Anschein von Transparenz und Sauberkeit machen, sei dahingestellt. Der Punkt ist: Das Beispiel lehrt, dass es auf die Anwendung von Regeln ankommt. Und dass auch jetzt wieder alle Ankündigungen mit größter Vorsicht zu genießen sind.

Das gilt für Parteifinanzen im weitesten Sinne (also inklusive Vereine) genauso wie für die versprochen Abschaffung des Amtsgeheimnisses. 2017, unter einer rot-schwarzen Regierung, hat es dazu sogar schon einen Gesetzesentwurf gegeben. Der Verwaltungsrechter Ewald Wiederin kam damals jedoch zum frustrierenden Schluss, dass das staatliche Geheimhaltungsprinzip durch die Einführung einer vermeintlichen Informationsfreiheit nur „die Kleider gewechselt“ hätte. Am Ende wäre es aufgrund zahlreicher Einschränkungen sogar noch schlimmer geworden, so Wiederin.

Bei den Parteifinanzen sind die Erfahrungen ebenso leidvoll. Vor bald zehn Jahren sind die Förderungen verdoppelt worden. Zur allgemeinen Beruhigung wurde jedoch Transparenz angesagt. Das Ergebnis: Rechenschaftsberichte, die lange nach dem Jahr veröffentlicht werden, auf das sie sich beziehen; und mit wenig aussagekräftigen Zusammenfassungen. Vermögen bzw. Schuldenstände werden erst gar nicht ausgewiesen.

Außerdem ernüchternd: Parteien müssen Geschäfte veröffentlichen, die Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, mit Rechtsträgern getätigt haben, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen. Auf der einen Seite sind das 80 Unternehmen (durchwegs ÖVP und SPÖ zugeordnet), auf der anderen Seite 6000 öffentliche Einrichtungen. Und die Veröffentlichung beschränkt sich auf Summen, die der Rechnungshof lediglich in einer schier „unfassbaren“ Excel-Datel ausweist.

So ähnlich kennt man das auch von den Regierungsinseraten. Der Medienforscher Andy Kaltenbrunner erklärte zu dieser Transparenzdatenbank in einem Interview mit den Vorarlberger Nachrichten im vergangenen Herbst: „Auf Basis der Forschungsergebnisse unterstelle ich, dass Transparenz im Titel steht, aber nie ein Ziel war. Es ist wenig Information und die auch nur befristet auf zwei Jahre abrufbar. Damit bleibt der Regierung die Möglichkeit, sehr freihändig zu agieren. Ein Laie braucht 100 Stunden, um zu den gewünschten Informationen zu gelangen, und dann noch Detailkenntnis des Marktes, um das inhaltlich einordnen zu können. Das ist unzumutbar.“

Schlimmer noch: Ausgewiesen wird nur der Wert von Inseraten. Wenn es beim ORF beispielsweise heißt, sein Inseratenvolumen habe in zwölf Monaten immerhin 9,295 Millionen Euro betragen, bedeutet das nicht, dass auch so viel geflossen ist. Es kann sich auch um Gegengeschäfte handeln. Aber das ist der Datenbank eben nicht zu entnehmen.

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